Gelenkerguss - Spezialisten und Informationen

22.01.2024
Prof. Dr. med. Susanne Regus
Medizinische Fachautorin

Zu einem Gelenkerguss kann es praktisch an jedem Gelenk des Körpers kommen. Besonders häufig ist jedoch das Knie betroffen. Ärzte sprechen dann von einem Kniegelenkerguss. Auftreten können Gelenkergüsse auch im Schultergelenk, im Hüftgelenk und vielen anderen Gelenken des Körpers. Begleitet wird der Gelenkerguss von Schmerzen und Schwellungen.

Was genau bei einem Gelenkerguss passiert, und was Sie zu Symptomen, Diagnose und Therapie wissen müssen, erfahren Sie hier! Außerdem finden Sie hier ausgewählte Spezialisten für einen Gelenkerguss.

ICD-Codes für diese Krankheit: M25.4

Empfohlene Gelenkerguss-Spezialisten

Artikelübersicht

Was ist ein Gelenkerguss?

Ärzte sprechen von einem Gelenkerguss (ICD-Code: M25.4), wenn sich in einem Gelenkspalt vermehrt Flüssigkeit ansammelt. Diese vermehrte Ansammlung von Flüssigkeit ist äußerlich oft als Schwellung sichtbar, meist bildet sich der Gelenkerguss allerdings von selbst wieder zurück. 

Bei einem Gelenkerguss klagen Betroffene häufig über Schmerzen im jeweiligen Gelenk. Bleibt die Flüssigkeitsvermehrung zu lange unentdeckt und wird diese nicht rechtzeitig behandelt, kann es zu Folgeschäden kommen. Das betroffene Gelenk kann überdehnt oder instabil werden.

Gelenke des Körpers
© freshidea / Fotolia

Welche Aufgaben hat die Gelenkflüssigkeit? 

Die Gelenkflüssigkeit ist essenziell wichtig für die Funktionsfähigkeit eines jeden, noch so kleinen, Gelenks. Normalerweise spüren wir gar nicht, dass wir eine Gelenkflüssigkeit haben. Wir bemerken es erst, wenn zu viel oder zu wenig davon vorhanden ist. Die Menge der Gelenkflüssigkeit wird vom Gelenk gesteuert. Sie wird in einem gesunden Gelenk von der Gelenkinnenhaut (medizinisch Synovialmembran) ständig neu gebildet und in gleichem Maße auch wieder abgebaut.

Die Gelenkflüssigkeit hat unter anderem folgende Aufgaben:

  • sie dient als Gleitfilm für die Gelenkflächen
  • sie vermindert Reibung und Stöße und 
  • sie ernährt den Gelenkknorpel

Bei einem kranken Gelenk wird in aller Regel zu viel Gelenkflüssigkeit gebildet. Eine Störung des Abbaus der Gelenkflüssigkeit und damit eine Zunahme ihrer Menge stellt eine absolute Ausnahme dar.

Warum entsteht ein Gelenkerguss?

Grundsätzlich kann ein Gelenkerguss bei jeder Veränderung des Gelenks auftreten. Derartige Veränderungen am Gelenk sind unter anderem 

  • Verschleißerscheinungen an den Gelenkflächen,
  • entzündliche Erkrankungen sowie
  • Verletzungen (Traumata).

Aber auch eine verstärkte Belastung, z. B. nach einem Marathonlauf, kann einen Gelenkerguss verursachen.

Durch die oben genannten Erkrankungen bzw. Belastungen kommt es zu einer Reizung der Gelenkinnenhaut (medizinisch Synovialmembran genannt), woraufhin der Körper mit einer verstärkten Bildung von Gelenkflüssigkeit reagiert. Physiologisch ist dieser Vorgang vollkommen richtig, da die Flüssigkeit verschiedene wichtige Funktionen in der Gelenkkapsel übernimmt und die überbelasteten Gelenkflächen schützen soll.

Welche unterschiedlichen Formen von Gelenkergüssen gibt es?

Je nach Ursache des Gelenkergusses werden mehrere Varianten unterschieden:

  • chronischer 
  • septischer und
  • traumatischer Gelenkerguss

Diese unterscheiden sich in Aussehen und Konsistenz:

  • chronisch: klar, hell, dünnflüssig
  • septisch: gelb, trüb, dickflüssig-zäh
  • traumatisch: rötlich aufgrund von Blutbeimengungen 

Daher kann die Untersuchung der Gelenkflüssigkeit bereits wichtige Rückschlüsse auf die Ursache und den Entstehungsmechanismus geben.

Was ist die häufigste Form des Gelenkergusses?

Der chronische Gelenkerguss kommt am häufigsten vor. Bei dieser Form des Gelenkergusses bildet der Körper vermehrt Gelenkflüssigkeit (Synovia), die sich im Gelenk ansammelt. Diese Form der Gelenkergüsse wird auch als seröser Gelenkerguss bezeichnet, da aufgrund der Reizsituation vermehrt Serum in das Gelenk austritt. Serum macht einen Großteil der Gelenkflüssigkeit aus und wird beim chronschen Erguss vermehrt gebildet. Oft handelt es sich um einen harmlosen Befund ohne gravierende Grunderkrankung oder Schädigung des Gelenks. Ursache in diesen Fällen ist eine Überbelastung.

Teilweise besteht aber auch ein Zusammenhang mit rheumatischen Erkrankungen wie dem Gelenkrheuma (Rheumatoide Arthritis) oder einem Gelenkverschleiß (Arthrose). Auch Stoffwechselerkrankungen wie Gicht, Blutgerinnungsstörungen oder Tumorerkrankungen stellen Risikofaktoren dar. 

Nach Sportverletzungen und anderen Traumata kommt es dagegen zumeist zu Gelenkeinblutungen und so genannten traumatischen Gelenkergüssen. Insbesondere bei zusätzlicher Schädigung von wichtigen Strukturen im Gelenkbinnenraum, z.B. Einrisse von Gelenkzwischenscheiben, wie Meniski am Kniegelenk, Knorpelabscherung oder Ausrisse von Muskelansätzen, werden blutige Gelenkergüsse beobachtet. Blutige Gelenkergüsse werden in der Medizin als Hämarthros bezeichnet.

Septische Gelenkergüsse, also Entzündungen in der Gelenkkapsel mit Krankheitserregern, sind eine sehr schwerwiegende und ernste Erkrankung, die glücklicherweise äußerst selten ist. Septische Gelenkergüsse können beispielsweise als Komplikation nach einer Operation auftreten. Aber auch die Punktion eines chronischen Gelenkergusses kann zur Bildung eines septischen Ergusses führen, wenn durch das Punktieren (= Einstechen) Krankheitserreger in das Gelenk gelangen und dieses infizieren. Daher ist die Indikation zur Punktion äußerst kritisch zu stellen. Mediziner bezeichnen eitrige Gelenkergüsse auch als Pyarthros oder Gelenkempyem.

Symptome bei einem Gelenkerguss

Zu den häufigsten Symptomen beziehungsweise Beschwerden bei einem Gelenkerguss gehören Schmerzen und ein Spannungsgefühl. Hinzu kommen häufig sicht- und tastbare Schwellungen im betroffenen Gelenk. Durch die Schwellung ist das Gelenk außerdem weniger beweglich. Die Schwellung führt auch oft dazu, dass die Haut über dem Gelenk spannt und die Konturen verändert sind.

Bei einem Gelenkerguss im Kniegelenk wird häufig auch das Phänomen der sogenannten tanzenden Patella (Kniescheibe) beobachtet. Hier schwimmt die Kniescheibe auf der angesammelten Flüssigkeit. In einigen Fällen kann die Flüssigkeitsansammlung sogar ertastet werden.

Liegt dem Gelenkerguss eine Entzündung zugrunde, können zusätzlich Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Überwärmung und Rötung des Gelenks sowie ein allgemeines Krankheitsgefühl auftreten.

Röntgenuntersuchung Kniegelenk
© grieze / Fotolia

Wie kann ein Gelenkerguß diagnostiziert werden?

Wie bei den meisten Krankheiten ist auch beim Gelenkerguss die Erhebung der Krankengeschichte (=Anamnese) die erste und wichtigste Untersuchungsmethode. Hier kann oft bereits durch gezielte Fragen die Ursache des Gelenkergusses festgestellt bzw. auf wenige der vielen Möglichkeiten eingegrenzt werden. Mögliche Fragestellungen sind u.a.:

  • Wo sind die Schmerzen? 
  • Werden die Schmerzen bei Belastung besser oder schlechter?
  • Wie stark sind die Schmerzen? 
  • Wie lange bestehen die Beschwerden schon? 
  • Gab es einen Unfall? 
  • Wurde das Gelenk punktiert oder etwas eingespritzt?
  • Besteht oder bestand Fieber?
  • Wie ausgeprägt ist die Schwellung des Gelenks? 

Anschließend folgt die körperliche Untersuchung und speziell die Untersuchung des betroffenen Gelenks. 

Auch die Ultraschalluntersuchung (Sonographie) gehört zu den wichtigsten Maßnahmen zu Beginn des Diagnostikprozesses. Vorteile der Sonographie sind, dass sie schnell geht, keine Nebenwirkungen hat und beliebig oft wiederholbar ist. Gelenkergüsse lassen sich zuverlässig darstellen und zudem kann meist zwischen serösen, blutigen sowie eitrigen differenziert werden.

Zusätzliche Blutuntersuchungen können Aufschluss über Entzündungen oder Erkrankungen wie Gicht geben.

Haben diese Untersuchungen noch kein klares Ergebnis gebracht, können zusätzlich bildgebende Verfahren wie Röntgen, Computertomografie (CT), und Magnetresonanztomografie (MRT) veranlasst werden. Im Vergleich zur Sonographie sind diese Untersuchungen allerdings aufwändiger und, mit Ausnahme der Magnetresonanztomographie, nur unter Anwendung von Röntgenstrahlen und Kontrastmitteln durchführbar. Hierdurch können mitunter schwerwiegende Komplikationen auftreten.

Die Gelenkpunktion und Arthroskopie (Gelenkspiegelung) werden dann durchgeführt, wenn bisherige Untersuchungen noch zu keiner genauen Diagnosestellung führen konnten. Bei beiden Verfahren handelt es sich um invasive Methoden, da ein Zugang zum Gelenk geschaffen und somit in die „Unversehrtheit“ des Körpers eingegriffen wird. Daher sollten diese invasiven Verfahren nur dann veranlasst werden, wenn sie zur Klärung der Diagnose unverzichtbar sind oder bereits als Therapie dienen. Bei der Gelenkspiegelung kann u.a. Gelenkknorpel geglättet und verletzte Strukturen (z.B. Meniskus) genäht und wieder fixiert werden. Durch die Punktion des Gelenkes kann Gelenkflüssigkeit entnommen und der Druckschmerz reduziert werden. Anschließend wird häufig im Labor die Flüssigkeit auf Bakterien, Zellmaterial und weitere Bestandteile untersucht. 

Hüftgelenk Arthroskopie
Gelenkspiegelung zur genauen Diagnose von Gelenkerkrankungen. © bilderzwerg / Fotolia

 

Sollte man jeden Gelenkerguss abpunktieren? 

Oft wird das Gelenk bei einem Erguss mit langen dicken Nadeln punktiert, um Flüssigkeit abzusaugen und hiermit zunächst einmal die Schwellung und die Schmerzen zu lindern. Mittels Punktion kann zudem die Gelenkflüssigkeit auch unter dem Mikroskop untersucht und nach der Ursache ihrer Entstehung gefahndet werden. Normalerweise ist diese Gelenkflüssigkeit klar und zäh. Bei einem Gelenkerguss kann sie trüb, wässrig, blutig oder eitrig werden.

Durch die Punktion kann allerdings auch eine Verschlechterung der Beschwerden resultieren, die Gelenkschmerzen somit zunehmen und zudem Bakterien und andere Krankheitserreger in den Gelenkinnenraum gelangen. Letzteres kann sehr schwerwiegenden Folgen haben und bis zum eitrigen Gelenkerguss (Gelenkempyem) führen. Letzteres ist eine sehr ernstzunehmende Erkrankung und muss in aller Regel operativ versorgt werden. Daher sollte die Punktion eines Gelenks nur in Ausnahmefällen erfolgen, nämlich dann, wenn eine mikroskopische Untersuchung der Gelenkflüssigkeit indiziert ist. Ein einfaches abpunktieren, nur um die Schwellung und die Schmerzen zu vermindern, ist in Anbetracht der oben genannten möglichen Komplikationen kontraindiziert. 

Wie sieht die Behandlung eines Gelenkergusses aus?

Die Behandlung eines Gelenkergusses hängt ganz entscheidend von seiner Ursache ab. Eine Punktion bringt zwar schnell Linderung, ist jedoch nicht für die dauerhafte Behandlung geeignet. In den meisten Fällen bildet sich die Gelenkflüssigkeit nach der Punktion schnell wieder und die Beschwerden treten erneut auf. 

Ist der Gelenkerguss auf eine Überbelastung zurückzuführen, wird eine vorübergehende Schonung des Gelenks empfohlen, die bereits nach wenigen Tagen zu einem deutlichen Rückgang oder vollständigem Verschwinden des Ergusses führt.

Sind Verschleiß- und Abnutzungserscheinungen die Ursache, können Maßnahmen wie Schonung ebenfalls hilfreich sein. Weitere Maßnahmen wie Kühlung, Kompression und insbesondere Bewegungsübungen werden oft zusätzlich erfolgreich angewendet. 

Gegen die Schmerzen werden schmerz- und entzündungshemmende Medikamente verschrieben. 

Ein eitriger Gelenkerguss (Gelenkempyem) ist ein Notfall! Hier muss schnell gehandelt und die durch Erreger verursachte Eiteransammlung mittels operativer Eröffnung, Absaugung und Spülung des Gelenkinnenraumes entfernt werden. Dies ist bei voroperierten Gelenken und insbesondere bei künstlichen Gelenkprothesen besonders wichtig.

Welche Prognose hat der Gelenkerguss?

Die Prognose bei einem Gelenkerguss hängt ganz entscheidend von seiner Ursache ab. Eine einfache Überbelastung oder auch die Verletzung kleiner Strukturen im Gelenkinnenraum führen in aller Regel zu keiner bleibenden Beeinträchtigung und einer folgenlosen Rückbildung des Gelenkergusses. Anders sieht es im Falle eines eitrigen Gelenkergusses bei liegender Gelenkprothese aus. Dieser kann schwerwiegende Folgen haben und sogar zum Verlust der betroffenen Gliedmaße führen. Aus diesem Grund wird die Indikation zur Implantation einer künstlichen Gelenkprothese streng gestellt und die Notwendigkeit hierfür stets gründlich geprüft. Um Folgeschäden zu vermeiden, gehen Sie möglichst frühzeitig in die Orthopädie, wenn Sie eine Schwellung in einem Gelenk bemerken.

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