Schädelbasistumor: Infos & Schädelbasistumor-Spezialisten

16.04.2022
Prof. Dr. med. Andreas Unterberg
Medizinischer Fachautor
Dr. med.  Carla Jung
Medizinische Fachautorin

Schädelbasistumore sind zwar überwiegend gutartig, können aber knöcherne Strukturen zerstören und die Hirnnerven und Gefäße umwachsen. Aufgrund der Komplexität von Schädelbasistumoren sollte deren Therapie in erfahrenen Zentren erfolgen. Mit entsprechender Operationsplanung und perioperativem Monitoring können diese komplexen Eingriffe mit einem vertretbaren Risiko durchgeführt werden.

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Spezialisten und Zentren für Schädelbasistumoren.

ICD-Codes für diese Krankheit: D21

Empfohlene Schädelbasistumor-Spezialisten

Kurzübersicht:

  • Anatomie: Die Schädelbasis ist die knöcherne Barriere zwischen Gesichtsschädel und Hirnschädel. Durch die Schädelbasis treten wichtige Nerven und Blutgefäße.
  • Was ist ein Schädelbasistumor? Ein meist gutartiger Tumor der Schädelbasis, der jedoch durch sein Wachstum Nerven, Knochen und Organe schädigen kann.
  • Ursachen: Angeborene Defekte, Unfallverletzungen, gut- und bösartige Tumoren, Entzündungen und weitere Erkrankungen der Schädelbasis.
  • Symptome: Schädelbasistumoren bereiten oft erst mit erheblicher Größe Beschwerden. Dazu gehören je nach Lokalisierung unter anderem: Riech- und Geschmacksstörungen, Sehstörungen, Doppelbilder, Gesichtsschmerz und viele mehr.
  • Behandlung: Die operative Entfernung oder Verkleinerung ist die beste Behandlungsoption, doch das ist nicht immer möglich. Daher kann auch eine Strahlentherapie oder Chemotherapie empfohlen werden. Bei einer OP kommt häufig ein Navigationssystem zum Einsatz.
  • Präoperative Diagnostik: Vor einer OP muss der Operateur ein möglichst genaues Bild der Lage und Ausbreitung des Tumors gewinnen. Mittels CT und MRT lässt sich dies einschätzen. Es werden auch diverse Hirnnervenfunktionen getestet und ggf. Blutgefäße verschlossen, um Blutverlust während des Eingriffs zu minimieren.
  • Komplikationen & Risiken der OP: Durch die unmittelbare Nähe zu wichtigen Hirnnerven und -gefäßen können sich Beschwerden auch verschlimmern. Es kann während der OP zu Infarkten kommen, Hirnwasser kann austreten. Hinzu kommen allgemeine Risiken wie Infektionen, Wundheilungsstörungen, und weitere.
  • Nachbehandlung: Nach einer OP wird häufig noch bestrahlt oder medikamentös behandelt.

Artikelübersicht

Was ist die Schädelbasis?

Die Schädelbasis ist der untere Bereich des Hirnschädels. Sie stellt somit die Grenze zum Gehirn und den hirnwasserführenden Räumen dar. Durch die Schädelbasis treten die 12 Hirnnerven und Blutgefäße in den Gesichtsschädel oder in den Hals über.

Die gesamte Schädelbasis lässt sich in drei große Bereiche unterteilen:

  • vordere Schädelbasis (Frontobasis): Liegt oberhalb der Nase und der Nasennebenhöhlen sowie der Orbita (Augenhöhle) und bedeckt die vordere Schädelgrube nach unten
  • seitliche Schädelbasis (Laterobasis): Befindet sich oberhalb des Ohres und begrenzt die mittlere Schädelbasis
  • Anteilen, die die hintere Schädelgrube begrenzen.

Aufgrund ihrer Nähe zum Gesicht und dem Hals bildet die Schädelbasis auch eine Grenze im medizinischen Behandlungsspektrum. Hier treffen

aufeinander. Deswegen ist für eine optimale Versorgung der betroffenen Patienten oft eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich.

Ansicht der Schädelbasis im menschlichen Schädel
Darstellung der Schädelbasis © Dessano | AdobeStock

Schädelbasistumore und andere Erkrankungen der Schädelbasis

An der Schädelbasis können sich angeborene Defekte manifestieren. Andere Schädelbasiserkrankungen treten nach Unfällen mit Bruchbildung durch die Schädelbasis auf. Sie können zum Ausfluss von Hirnwasser (Liquorfistel) führen.

Darüber hinaus können an der Schädelbasis gutartige (benigne) und bösartige (maligne) Tumoren und Entzündungen entstehen. Häufige Erkrankungen der Schädelbasis sind u.a.

  • Meningeome,
  • Neurinome,
  • Karzinome,
  • Hypophysenadenome,
  • Ästhesioneuroblastome,
  • Chordome,
  • Chondrosarkome und/oder
  • Cholesteatome.

Bei der überwiegenden Mehrheit der Tumore handelt es sich um gutartige Raumforderungen, z.B. Meningeome oder Neurinome. Dennoch können sie die knöchernen Strukturen zerstören und die Hirnnerven und Gefäße umwachsen. Schädelbasistumoren fallen oftmals erst bei einer erheblichen Größe auf.

Symptome bei Schädelbasistumoren

Die Beschwerden der Patienten richtet sich nach dem jeweiligen Wachstumsverhalten und der Lokalisation des Tumors. Sie hängen damit auch mit der Nähe zu den durch die Schädelbasis ziehenden Hirnnerven und zum Hirnstamm ab.

Typische Symptome sind (mit Angabe der beteiligten Nerven):

  • Riech- und Geschmacksstörungen (Riechnerv, N. Olfactorius),
  • Sehstörungen (Sehnerv, N. Opticus),
  • Doppelbilder (N. occulomotorius, N. trochlearis und N. abducens),
  • Gesichtsschmerz oder Missempfindungen im Gesicht (N.trigeminus),
  • Lähmung der Gesichtsmuskulatur (Gesichtsnerv, N. fazialis),
  • Hörminderung,
  • Taubheit,
  • Ohrgeräusche (Tinnitus) (N. acusticus, N. vestibularis),
  • Schwindel,
  • Gangunsicherheit,
  • Schluckstörungen und
  • Heiserkeit.

Weitere Symptome wie

  • Gangunsicherheit,
  • Lähmungen und
  • Gefühlsstörungen

im Bereich des Körpers können durch Druck auf den Hirnstamm ausgelöst werden.

Aber auch Einengungen oder Verlegung der Hirnwasserwege (Ventrikel), die zu einer Hirnwasserzirkulationsstörung (Hydrocephalus) führen, können zu

  • Gangstörungen,
  • Gedächtnisstörungen,
  • Blasenfunktionsstörungen (Inkontinenz) und
  • Hirndruckzeichen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen und Bewusstseinsstörungen

führen.

Große Tumoren, die auf

  • den Vorderlappen (Frontallappen) oder
  • den Schläfenlappen (Temporallappen) des Gehirns

drücken, können auch Persönlichkeitsveränderungen und Krampfanfälle auslösen.

Ebenso werden hormonelle Störungen bei Druck auf die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) beobachtet.

Untersuchungen vor einer OP

Vor einer OP zur Behandlung eines Schädelbasistumors müssen zunächst eine Untersuchungen durchgeführt werden. Man spricht dabei von präoperativer Diagnostik.

Die Mediziner benötigen gesicherte Erkenntnisse über

  • Größe der Raumforderung,
  • die genaue Lokalisation des Prozesses und
  • die Ausdehnung im Rahmen der Schädelbasis .

Zur präoperativen Diagnostik dienen verschiedene radiologische Verfahren. Mittels der Computertomographie (CT) lässt sich die knöcherne Beteiligung und Destruktion einschätzen. In der Kernspintomographie (MRT) lassen sich die Weichteilstrukturen sowie eine mögliche intrakranielle Beteiligung und Infiltrationen besser beurteilen.

Ärzte führen Gehirn-MRT durch
Mittels MRT lassen sich die Strukturen des Schädels sehr genau darstellen © Gorodenkoff | AdobeStock

Zusätzlich werden bei manchen Tumoren Gefäßdarstellungen mittels

zur Operationsvorbereitung benötigt.

Um den intraoperativen Blutverlust gering zu halten, kann bei einer starken Tumordurchblutung im Vorfeld

  • eine selektive Embolisation (Verschluss) von tumorversorgenden Blutgefäßen oder
  • in seltenen Fällen auch eine permanente Gefäßokklusion

erfolgen.

Des Weiteren sind im Rahmen der präoperativen Untersuchungen Testungen der Hirnnervenfunktion wie Hör-, Seh- und Gleichgewichtstest sinnvoll. Diese können durch elektrophysiologische Untersuchungen (z.B. Hirnstammpotenziale, AEP) ergänzt werden.

Behandlung von Schädelbasistumoren

Die Chirurgie an der Schädelbasis umfasst in erster Linie die operative Entfernung von Tumoren der vorderen, mittleren und hinteren Schädelbasis. Das operative Gebiet erstreckt sich dabei von der Augenhöhle vorne und reicht über die Nasennebenhöhlen bis hin zum Foramen magnum.

Ohne Behandlung kann es zu dauerhaften Funktionsverlusten bis hin zu einer Schädigung der lebenswichtigen Zentren im Hirnstamm kommen. Bei langsam wachsenden Tumoren besteht oft kein unmittelbarer Zeitdruck. Somit ist eine gezielte und ausführliche Operationsplanung möglich.

Bei der Behandlungsplanung von Tumoren der Schädelbasis ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von

  • Neurochirurgie,
  • HNO,
  • MKG und
  • gelegentlich Augenheilkunde

sinnvoll.

Nicht immer ist es möglich, Schädelbasistumore vollständig zu entfernen. Deswegen hat auch die Strahlentherapie einen wesentlichen Anteil an der interdisziplinären Therapieentscheidung und weiterführenden Therapie.

Eine Operation ist dann sinnvoll, wenn andere Behandlungen wie eine medikamentöse Therapie oder eine Strahlentherapie

  • weniger wirksam sind,
  • zu starke Nebenwirkungen hervorrufen oder
  • nicht möglich sind.

Eine weitere Indikation ist die Diagnosesicherung bei unklarer Entität und Genese einer Raumforderung.

Vorgehen bei der Schädelbasistumor-Operation

Das Ziel jeder Schädelbasistumor-OP ist,

  • die Ursache von bestehenden Beschwerden zu beseitigen und
  • das Auftreten neuer Beschwerden zu verhindern oder zu verzögern.

Die Wahl des operativen Zugangs und der Operationsmethode richtet sich nach der Beschaffenheit und der Lage der Raumforderung. Ziel der Planung ist, den entsprechenden operativen Zugangsweg so minimal wie möglich zu gestalten.

Die Eingriffe erfolgen mikroskopisch und/oder endoskopisch. Bei entsprechender Indikation wird die Operation computerassistiert, das heißt mit Hilfe eines Navigationssystems durchgeführt. Zusätzlich kann während der Operation ein Monitoring von Hirnnervenfunktionen erfolgen.

Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die modernen Methoden können auch große Eingriffe an der Schädelbasis ohne bleibende Schäden oder mit nur geringen Beeinträchtigungen für den Patienten durchgeführt werden.

Mögliche Komplikationen und Risiken bei einer Schädelbasistumor-Operation

Bereits anhand der anatomischen Nähe zu Hirnnerven, Gefäßen und/oder Hirnstamm erklären sich einige Operationsrisiken. Bedrängt oder ummauert ein Tumor einen Hirnnerven, kann er diesen primär schädigen.

Durch eine Operation kann es ggf. zu einer Verschlechterung oder zum kompletten Ausfall der Funktion des betroffenen Nervs oder benachbarter Hirnnerven kommen. Somit gehören Hirnnervenausfälle wie

  • Sehstörungen bis hin zur Blindheit,
  • Riech- und Geschmacksstörungen,
  • Gesichts- und Augenmuskellähmungen mit Doppelbildern und
  • andere bereits unter den Symptomen aufgeführte Beschwerden

zu den häufigen Komplikationsmöglichkeiten einer Schädelbasisoperation.

Da Tumore der Schädelbasis oft sehr stark durchblutet sind, kann es zu Blutungen und Nachblutungen kommen. Des Weiteren können auch Gefäße von Tumoren umwachsen sein und somit bei der Präparation neben Blutungen auch Gefäßverschlüsse mit Infarkten entstehen.

Zusätzlich kann es bei Prozessen, die die harte Hirnhaut überschreiten, schwierig sein, diese zu rekonstruieren. Folge kann ein Austritt von Hirnwasser, eine sog. Liquorfistel sein, die einer weiteren operativen Versorgung bedarf. Hinzu kommen ebenfalls noch allgemeine Risiken wie Infektionen, Wundheilungsstörungen, Thrombosen und Embolien.

Nachbehandlung nach der Schädelbasistumor-Operation

Aufgrund des oftmals ausgedehnten Tumorwachstums (z.B. in den Sinus cavernosus) ist bei einigen Patienten eine komplette operative Resektion nicht möglich. Je nach Diagnose und Wachstumsverhalten des Tumors erfolgt nach operativer Tumormassenreduktion eine Nachbehandlung.

Bei Tumoren der Schädelbasis steht die Strahlentherapie im Vordergrund. Je nach Tumorentität kann diese als intensitätsmodulierte Radiotherapie oder als Schwerionentherapie erfolgen. Bei Karzinomen erfolgt in Abstimmung mit der Grunderkrankung oft eine Chemotherapie und / oder Bestrahlungstherapie.

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