Problematisch ist zum einen das Erkennen dieser psychischen Störung, da die Betroffenen sich nicht beeinträchtigt fühlen. Sie wechseln den Arzt oder das Krankenhaus, sobald eine psychische Störung vermutet wird.
Zum anderen bringen sie sich in Gefahr, indem sie zu selbstverletzenden Maßnahmen greifen, um bestimmte Symptome hervorzurufen, dazu gehören auch Vergiftungen oder Verätzungen. Weiterhin bestehen realistische Chancen, dass diese Patienten tatsächlich – unnötig – operiert werden und dabei gesundheitliche Schäden erleiden.
Artifizielle Störungen können in jedem medizinischen Fachgebiet mit vielfältigen Symptomen vorkommen. Beim Münchhausen-Syndrom treten häufig die folgenden Symptome auf:
- Unklares Fieber
- Unklare anämische Zustände
- Unklare hyperglykämische Zustände
- Rezidivierende Wundheilungsstörungen und Abszesse
- Rezidivierende unklare Harnwegsinfekte u.v.m.
Bei vielfältigen invasiven Maßnahmen, unklaren rezidivierenden Symptomen, wiederholten Wundheilungsstörungen und Abszessen sollte man immer auch eine artifizielle Störung in Betracht ziehen. Wichtig ist auch die Fremdanamnese, wobei häufig Familienmitglieder in die Verleugnung der Selbstschädigung einbezogen sind.
Die artifizielle Störung wird nach ICD-10 den Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen zugeordnet und unter F 68.1 klassifiziert. Es liegt häufig Komorbidität mit Persönlichkeitsstörungen, dissoziativen Störungen, Essstörungen und Suchtmittelmissbrauch vor. Auch schwere Somatisierungsstörungen können vorkommen.
Ein besonderes Problem beim Münchhausen-Syndrom ist die pathologische Arzt-Patient-Interaktion. Ärzte verleugnen lange Zeit gewissermaßen gemeinsam mit dem Patienten die Selbstschädigung und geraten in einen komplexen Konflikt aufgrund verinnerlichter berufsethischer Normen, unbewusster Manipulation durch die Patienten und unbewusst motiviertem professionellen Handeln.
Eine durchgeführte medizinische Behandlung kann für Ärzte ebenfalls ein Nachspiel haben, da sie sich zu „Mittätern“ bei Selbstverletzungen machen und auf dieser Grundlage unter Umständen eine Klage riskieren.
In schweren Fällen kommen nur psychodynamische oder kognitiv-behaviorale Therapien, insbesondere auch im stationären Rahmen, in Frage.