Morbus Perthes: Informationen & Morbus Perthes-Spezialisten

18.02.2022
PD Dr. med. Bettina Westhoff
Medizinische Fachautorin
Morbus Perthes wird auch Perthes-Krankheit oder juvenile Hüftkopfnekrose genannt. Es handelt sich dabei um eine Durchblutungsstörung des Hüftkopfs im Wachstumsalter. Die Ursachen dafür konnten bislang nicht abschließend geklärt werden. Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Morbus Perthes-Spezialisten und Zentren.
ICD-Codes für diese Krankheit: M91.1

Empfohlene Morbus Perthes-Spezialisten

Kurzübersicht:

  • Was ist Morbus Perthes? Eine Durchblutungsstörung des Hüftkopfes im Wachstumsalter, wodurch das Knochengewebe des Hüftkopfes abstirbt, aber gleichzeitig auch nachgebildet wird.
  • Wer ist betroffen? Eine Häufung zeigt sich bei Jungen im Alter zwischen vier und neun Jahren. Die Erkrankung erstreckt sich auf eine Dauer von zwei bis vier Jahren.
  • Symptome: Nicht immer treten starke Symptome auf. Belastungsabhängige Beschwerden im Bereich der Leiste, des Oberschenkels und manchmal am Kniegelenk zeigen sich häufiger. Oftmals ist das Hüftgelenk in seiner Bewegung eingeschränkt.
  • Diagnose: Im frühen Stadium kann nur ein MRT die Veränderungen des Knochengewebes darstellen. Später ist eine Röntgenuntersuchung die bevorzugte Form der Diagnostik.
  • Stadien: Mediziner unterteilen die Erkrankung in fünf unterschiedliche Stadien. Die Einordnung erfolgt anhand des Fortschritts der Erkrankung.
  • Behandlung: Kinder müssen während der Dauer der Erkrankung Belastungen vermeiden, d. h. wenig laufen und v. a. kein Fußballspielen oder Hüpfen. Schwimmen und Fahrradfahren sind dagegen erwünscht. Dadurch kann sich das Gelenk trotz der Erkrankung gut ausbilden.
  • Nachbehandlung: Tägliche Krankengymnastik hilft dabei, eine gute Gelenkbeweglichkeit und damit eine gute Ausheilung zu erreichen. Ggf. können auch Medikamente oder eine OP angezeigt sein.
  • Prognose: Die Prognose ist davon abhängig, wie sich Hüftpfanne und Gelenkspfanne ausbilden. Verursacht die Erkrankung erhebliche Deformierungen, kann dies zu früher Arthrose führen, wodurch in frühen Jahren der Einsatz eines künstlichen Hüftgelenkes notwendig werden kann.

Artikelübersicht

Was geschieht bei Morbus Perthes?

Morbus Perthes bezeichnet eine Durchblutungsstörung des Hüftkopfes während der Wachstumsphase. Dadurch kommt es zunächst zum Absterben des Knochengewebes (Osteonekrose) des Hüftkopfs. Das abgestorbene Gewebe wird vom Körper abgebaut. Parallel finden Reparationsvorgänge mit erneutem Knochenaufbau statt.

Die Erkrankung betrifft bevorzugt Jungen im Alter zwischen 4 und 9 Jahren. Die Krankheit verläuft über einen Zeitraum von ca. 2 bis 4 Jahren, gelegentlich bei späterem Krankheitsbeginn auch länger.

Was sind die Symptome beim Morbus Perthes?

Die Erkrankung verläuft häufig symptomarm. Gelegentlich finden sich zu Beginn belastungsabhängige Beschwerden im Bereich der Leiste und des Oberschenkels. Manchmal geben die Kinder auch Schmerzen im Kniegelenk an. Gelegentlich beobachten die Eltern ein Hinken.

Vielfach findet sich bei der klinischen Untersuchung eine erhebliche Bewegungseinschränkung des Hüftgelenkes.

Aufbau des Beckens
Der Aufbau des menschlichen Beckens und des Hüftgelenks © Henrie | AdobeStock

Wie wird die Diagnose Morbus Perthes gestellt?

Die Diagnose wird röntgenologisch gestellt.

Im Anfangsstadium ist in manchen Fällen bei bereits bestehenden Beschwerden auf dem Röntgenbild noch keine Veränderung zu erkennen. Im sehr frühen Stadium muss daher mittels der Kernspintomografie (MRT) gestellt werden kann. Ansonsten liefert die Kernspintomografie keine für die Festsetzung der Therapie notwendigen Informationen.

Die Erkrankung zeigt einen stadienhaften Verlauf, der im Röntgenbild nachvollzogen werden kann.

Die Stadien beim Morbus Perthes

  • Initialstadium: der Gelenkspalt ist im Vergleich zur gesunden Gegenseite relativ verbreitert.
  • Kondensationsstadium: Der Knochen des Hüftkopfs erscheint verdichtet und nimmt an Höhe ab.
  • Fragmentationsstadium: Auf dem Röntgenbild erscheint der Hüftkopf fleckförmig zerfallen. In diesem Stadium findet gleichzeitig die Resorption von abgestorbenem Gewebe und der Wiederaufbau des Hüftkopfs statt. Häufig zeigt sich eine Veränderung der anatomischen Formgebung mit einer Verbreiterung des Hüftkopfes und des Schenkelhalses. In manchen Fällen zeigt sich die Tendenz einer Subluxation des Kopfes aus der Pfanne heraus. Der Hüftkopf wird dann von der Pfanne nicht mehr vollständig überdacht.
  • Reparationsstadium: Man erkennt die Reparationsvorgänge des Organismus und der Hüftkopf remodelliert sich.
  • Endstadium: Der Hüftkopf hat seine endgültige Form ausgebildet. Das Erscheinungsbild des Kopfes in Relation zur Pfanne entscheidet über die Langzeitprognose.

Behandlung des Morbus Perthes

Ziel sämtlicher therapeutischer Maßnahmen ist die Wiederherstellung eines möglichst normalen Gelenkes. Das heißt, es soll

  • einen sphärischen Hüftkopf und
  • eine gute Kongruenz von Gelenkpfanne und Hüftkopf (Containment) sowie
  • eine gute Funktion

bieten. In Abhängigkeit vom Verlauf und dem Schweregrad der Erkrankung sind zur Erreichung dieses Zieles unterschiedliche Maßnahmen erforderlich.

Grundsätzlich gilt, dass während der floriden Phase der Erkrankung die Belastung reduziert werden soll. Das Motto lautet „Schritte sparen“. Sprung- und Stoßbelastungen sind auf jeden Fall zu vermeiden (z.B. Fußballspielen, Hüpfen).

Aktivitäten ohne Belastung wie Schwimmen und Fahrradfahren sind zu fördern.

Nachbehandlung beim Morbus Perthes

Unabdingbare Voraussetzung für ein gutes Ausheilungsergebnis ist eine gute Gelenkbeweglichkeit. Dazu ist eine regelmäßige krankengymnastische Übungsbehandlung mit reduzierter Gelenkbeweglichkeit erforderlich. Der Patient muss sie auch täglich zu Hause nach Anleitung durchführen.

In manchen Fällen mit sehr ausgeprägter Bewegungseinschränkung ist eine intensive stationäre Behandlung sinnvoll. Dann wird auch eine Extensionsbehandlung zur Lockerung der Weichteile und Dehnung der Muskulatur angewendet. Dazu kommt eine Behandlung mit muskelentspannenden und schmerzlindernden Medikamenten.

In selten Fällen empfehlen wir nach ausführlicher Aufklärung die Injektion von Botulinumtoxin. Dabei handelt es sich um ein Medikament, das die Spannung der Muskeln reduziert. Es verbessert die Beweglichkeit.

Manchmal zeigt sich bei den regelmäßig durchzuführenden Röntgenkontrollen, dass der Hüftkopf nicht gut in der Hüftgelenkspfanne zentriert ist. Dann können operative Maßnahmen zur Verbesserung der Kongruenz zwischen Hüftkopf und -pfanne erforderlich sein. Diese werden entweder

  • am Oberschenkelknochen (Varisationsosteotomie) und/oder
  • am Becken mit Korrektur der Pfannenposition (OP nach Salter, Tripleosteotomie)

durchgeführt.

Falls eine Operation durchgeführt werden musste, ist in der postoperativen Phase weiterhin der Erhalt der Beweglichkeit äußerst wichtig. Deshalb soll die Krankengymnastik kontinuierlich fortgesetzt werden.

Das betroffene Bein muss bis zum vollständigen Ausheilen des Knochens entlastet werden. Dies dauert etwa 6 bis 10 Wochen und wird anhand von Röntgenbildern kontrolliert. Eine Fixation im Gipsverband sollte nur in Ausnahmefällen (unsichere Fixation der Osteotomie, unkooperatives Kind) erfolgen.

Morbus Perthes und Medikamente

Bislang sind keine Medikamente bekannt, die die Durchblutungsstörung bei Morbus Perthes positiv beeinflussen. Entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente sind indiziert, wenn der kleine Patient über Beschwerden klagt.

Muskelentspannende Medikamente können eingesetzt werden, um den Muskeltonus zu senken. Das erleichtert die krankengymnastische Übungsbehandlung und begünstigt das Ziel, die Beweglichtkeit zu verbessern.

Wie sieht die Prognose beim Morbus Perthes aus?

Die Langzeitprognose beim Morbus Perthes ist abhängig von der Kongruenz zwischen dem Hüftkopf und der Hüftgelenkspfanne. Bei gutem Ausheilungsergebnis, bei dem die Kongruenz zwischen Hüftkopf und Hüftpfanne wiederhergestellt werden konnte, ist die Prognose gut.

In Fällen, bei denen es zu erheblichen Deformierungen des Hüftgelenkes gekommen ist, können vorzeitig Verschleißerscheinungen (Arthrose) auftreten. Diese können dann in frühen Jahren eine Gelenkersatzoperation (Implantation einer Hüfttotalendoprothese) notwendig machen.

Hüftarthrose
Unter Arthrose versteht man den Verschleiß von Knorpel am Gelenk © Henrie | AdobeStock

Gibt es Möglichkeiten der Vorsorge beim Morbus Perthes?

Der Morbus Perthes ist eine schicksalhafte Erkrankung, die nicht durch präventive Maßnahmen vermieden werden kann.

Fragen zum Morbus Perthes

  • Kann der Morbus Perthes auch am anderen Hüftgelenk auftreten? Ja, das ist grundsätzlich möglich. Die Wahrscheinlichkeit für ein beidseitiges Auftreten liegt bei 5 bis 15 Prozent.
  • Ist die Erkrankung erblich? Genetische Studien legen eine erbliche Komponente nahe: bei Verwandten von Perthes-Erkrankten 1. Grades besteht eine 35-mal höhere Wahrscheinlichkeit, dass ein Morbus Perthes auftritt.
  • Muss bei der Diagnose Morbus Perthes immer eine Operation durchgeführt werden? Nein - die Notwendigkeit einer Operation ist abhängig von der Stellung des Hüftkopfs in Beziehung zur Hüftpfanne. In manchen Fällen kann auch durch eine ausschließlich konservative Behandlung ein gutes Ausheilungsergebnis erzielt werden.
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