Hämophilie - Arzt finden und Informationen

17.10.2023
Dr. rer. nat. Marcus Mau
Autor des Fachartikels

Hämophilie ist eine Blutgerinnungsstörung und Erbkrankheit. Menschen mit Hämophilie neigen zu Blutungen und haben eine längere Wundheilung. Vor allem Männer sind von Hämophilie betroffen.

Erfahren Sie hier mehr über die Bluterkrankheit und finden Sie ausgewählte Ärzte für die Behandlung der Hämophilie.


ICD-Codes für diese Krankheit: D66, D67, D68

Empfohlene Hämophilie-Ärzte

Artikelübersicht

Was ist Hämophilie?

Hämophilie (Bluterkrankheit) ist eine Erbkrankheit und Blutgerinnungsstörung, bei der das Blut viel langsamer gerinnt als es sollte. Die Wundheilung dauert dadurch länger. Der Körper bildet bei einer Hämophilie zu wenig Blutgerinnungsfaktoren.

Gerinnungsfaktoren sind Proteine, die dafür sorgen, dass das ausfließende Blut schnell verklumpt (gerinnt): Die Blutplättchen (Thrombozyten) verkleben normalerweise mithilfe der Blutgerinnungsfaktoren und verschließen das Blutgefäß dauerhaft. Die Blutung kommt so zu einem schnellen Stillstand.

Hämophilie ist zwar (noch) nicht heilbar, aber bereits gut zu therapieren.

Arten der Hämophilie

Mediziner unterscheiden zwischen folgenden Arten:

  • Hämophilie A: Zirka 80% der Patienten haben Hämophilie A. Ihr Körper bildet eine zu geringe Menge des Gerinnungsfaktors VIII.
  • Hämophilie B: Die von einer Hämophilie B Betroffenen leiden hingegen an einem Faktor-IX-Mangel.
  • Willebrand-Jürgens Syndrom (vWS): Es kommt wesentlich häufiger vor als die anderen beiden Varianten. Die vom vWS betroffenen Patienten verfügen über zu wenig funktionsfähige von-Willebrand Faktoren (vWF).

Schweregrade der Hämophilie

Die Blutgerinnungsstörung tritt in mehreren Schweregraden (leicht, mittelschwer, schwer) auf: So können die einen Patienten bei oberflächlichen Verletzungen nur leichte Nachblutungen haben. Die anderen Patienten hingegen müssen mit starken Blutverlusten rechnen.

  • Mehr als die Hälfte der Patienten leiden an der schweren Form der Hämophilie. Bei ihnen sind weniger als 5% der Faktoren biologisch wirksam. 
  • Mittelschwere und leichtere Formen (bis 20% Faktoren-Aktivität) kommen bei jedem fünften Patienten mit Hämophilie A oder B vor.

Patienten mit einer Gerinnungsstörung haben bei einer ausreichenden und frühen Behandlung eine normale Lebenserwartung. Allerdings sollten sie bestimmte Sportarten und Berufe, die ein höheres Verletzungsrisiko mit sich bringen, meiden.

Die Symptome bei Hämophilie

Die Blutgerinnung besteht aus zwei Phasen. Bei der Hämophilie ist das zweite Stadium der Blutgerinnung gestört:

  1. In der ersten Phase ballen sich die Blutplättchen normalerweise zusammen (primäre Hämostase). 
  2. In der zweiten Phase dichtet die blutende Wunde normalerweise ab.

Bei Blutern kann sich die Wunde jederzeit wieder öffnen. Daher kommt es bei vielen Betroffenen schon bei kleinen Verletzungen zu einem hohen Blutverlust. Die Wunde blutet länger als üblich. Unbehandelt kann das tagelang andauern.

Die gestörte Wundheilung ist dann kritisch, wenn die Blutung in der Nähe von Gelenken oder Muskeln auftritt. Daher sind Gelenkschäden eine häufige Begleiterscheinung der Hämophilie.

Hämophilie A und B zeigen sich mit denselben Symptomen. Je schwerer der Bluter erkrankt, desto mehr Anzeichen hat er. 

Mittelschwere Hämophilien treten oft bereits im Säuglingsalter auf. Später bereiten die Einblutungen in die Gelenke starke Schmerzen und sorgen für eine eingeschränkte Mobilität. Eine stark ausgeprägte Bluterkrankheit zeigt sich schon beim Durchtrennen der Nabelschnur des Kindes: Es kommt zu starkem Blutverlust.

Später leiden die Kinder an übermäßigem Nasenbluten und großflächigen Hämatomen (Blutergüssen), wenn sie sich nur leicht stoßen. 

Mitunter kommt es sogar zu Blutungen im Kopf. Läuft das Blut in die Gelenke, kommt es zu vorzeitiger Arthrose (Gelenkverschleiß). Blut, das sich im Muskelgewebe befindet, verursacht oft eine Muskelschwäche.

Bluterguss bei HämophilieBlaue Flecken und Blutergüsse unter der Haut sind typische Symptome der Hämophilie @ Alex Zegrachov /AdobeStock

Die Diagnose von Hämophilie

Ob Hämophilie bei einem Patienten vorliegt, zeigt eine Blutuntersuchung. Spezialisten auf diesem Gebiet sind Hämatologen und Hämophilie-Zentren.

Babys von Familien, in denen es häufiger Fälle von Hämophilie gibt, untersucht man bereits kurz nach der Geburt. Schwangere, die den Verdacht haben, Überträgerinnen von Hämophilie zu sein, können einen Gentest machen.

Ursachen der Hämophilie

Frauen geben die Blutkrankheit über eines ihrer beiden X-Chromosomen an ihre männlichen Kinder weiter. Das vererbte Chromosom enthält eine fehlerhafte Information. Da Männer nur ein X-Chromosom haben, können sie das defekte X-Chromosom nicht durch das andere intakte X-Chromosom ersetzen. Daher kommt Hämophilie hauptsächlich bei Männern vor.

Die wenigen Frauen, die Bluter sind, haben entweder ein einziges X-Chromosom, oder sie besitzen zwei beschädigte X-Chromosomen. Frauen, die nur ein einziges X-Chromosom haben, leiden am Turner-Syndrom oder an Kleinwüchsigkeit. Bei zwei beschädigten X-Chromosomen waren der Vater Bluter und die Mutter Überträgerin.

Behandlung von Hämophilie

Die Blutgerinnungsfaktoren, die für eine Behandlung notwendig sind, gewinnt man aus gereinigtem Blutplasma oder stellt sie gentechnisch her. Der Patient lernt, wie er sich die lebenswichtigen Eiweißsubstanzen selbst spritzen kann.

BlutplasmaRund 55 Prozent des Blutes ist Blutplasma, eine klare und gelbliche Flüssigkeit @ arcyto /AdobeStock

Je nach Art und Schweregrad unterscheiden sich die Behandlungsmethoden:

  • Bei leichten und mittelschweren Hämophilien verabreichen Ärzte das Faktoren-Konzentrats nur bei Bedarf, beispielsweise bei einer geplanten Operation oder einer akuten Blutung.
  • Der Betroffene benötigt sofort einen Druckverband. Geringfügige Blutungen stillt der Bluter selbst, indem er den Finger auf seine Verletzung presst.
  • Schwere Hämophilie-Fälle benötigen 2- bis 3-mal wöchentlich eine Faktor-VIII-Injektion oder – wenn sie an Hämophilie B leiden – 1- bis 2-mal Faktor IX
  • Vor Zahnentfernungen erfolgt bei leichter Hämophilie eine gesonderte Behandlung mit Desmopressin.
  • Problematisch ist, dass manche Bluter Antikörper gegen die zusätzlich verabreichten Gerinnungsfaktoren entwickeln. Das betrifft vor allem Hämophilie-A-Patienten. Bei ihnen entfernt man die hemmenden biochemischen Verbindungen mithilfe einer Immuntoleranz-Therapie.
  • Patienten mit von-Willebrand-Jürgens Syndrom erhalten Vasopressin und den Faktor VIII in konzentrierter Form
  • Weibliche Erkrankte können die Produktion von vWF mithilfe östrogenhaltiger Arzneimittel steigern.

Quellen

  • dhg.de/informationen/therapie-und-praeparate/praeparate/uebersicht.html
  • flexikon.doccheck.com/de/Hämophilie
  • Vorstand der Bundesärztekammer (BÄK). 2014. Querschnitts-Leitlinien (BÄK) zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten; 4. überarbeitete und aktualisierte Auflage
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