Hämochromatose: Fachärzte & Infos zur Eisenspeicherkrankheit

01.08.2023
Leading Medicine Guide Redaktion
Autor des Fachartikels
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Hämochromatose wird auch als hereditäre Eisenspeicherkrankheit bezeichnet. Sie ist die am häufigsten auftretende Erberkrankung der westlichen Welt. Infolge einer vermehrten Eisenaufnahme im Dünndarm kommt es zu einer erhöhten Eisenablagerung im Körper.

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Hämochromatose-Spezialisten und Zentren.

ICD-Codes für diese Krankheit: E83.1

Empfohlene Spezialisten für Hämochromatose

Artikelübersicht

Was ist eine Hämochromatose?

Gesunde Menschen resorbieren genau die Menge an Eisen, die sie durch Schweiß, Stuhl und Urin verlieren. An Hämochromatose erkrankte Menschen nehmen mehr als die erforderliche Menge von 1 bis 2 Milligramm täglich auf.

Durch diese Überkompensierung kommt es zu einem erhöhten Eisengehalt im Körper - bis 3,5 Gramm bei Männern und 2,2 Gramm bei Frauen. Das überschüssige Eisen wird vor allem in

abgelagert. Ab einem Körpereisengehalt von mehr als dem Fünffachen des Normwerts kommt es zu Organschädigungen.

Bei Männern treten die ersten Symptome meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf, bei Frauen etwas später.

Was sind die Symptome einer Hämochromatose?

Im Anfangsstadium manifestieren sich bei einer Hämochromatose kaum Symptome. Deshalb wird die Diagnose in vielen Fällen erst spät gestellt.

Erste Anzeichen sind

  • Müdigkeit und Schwächegefühl,
  • unklare Schmerzen im Oberbauch,
  • Schmerzen in den Fingergrundgelenken des Mittel- und Zeigefingers,
  • dunkle Hautpigmentierung, vor allem in den Axillen, sowie fehlende Behaarung in diesem Bereich, später Bronzetönung,
  • Anzeichen eines Diabetes mellitus, z.B. erhöhtes Durstgefühl und Wasserlassen sowie Gewichtsverlust,
  • Impotenz, veränderte und/oder ausbleibende Monatsblutung.

Die weiter zunehmende Eisenablagerung in der Leber führt zunächst zu einem Umbau des spezifischen Lebergewebes zu Bindegewebe (Fibrose). Ohne Behandlung erfolgt im weiteren Verlauf ein zusätzlicher, narbiger Umbau (Leberzirrhose).

Nach diesen Umbauprozessen findet auch die Stadieneinteilung der Hämochromatose statt:

  1. latentes, präzirrhotisches Stadium (vor dem Entstehen einer Zirrhose)
  2. manifestes, zirrhotisches Stadium (Zirrhose ist entwickelt)
Fettleber - Leberfibrose - Leberzirrhose
Hämochromatose führt unbehandelt zu einer Leberfibrose und schließlich zur Leberzirrhose © nmfotograf | AdobeStock

Ursachen und Formen der Hämochromatose

Die Eisenüberladung ist bei Hämochromatose zumeist die Folge einer Fehlregulation. Diese wiederum entsteht durch unterschiedliche Gendefekte.

Man unterscheidet, abhängig

  • vom zugrundeliegenden Gendefekt und dessen Vererbung,
  • vom Krankheitsbeginn und
  • von vorliegenden Symptomen,

vier Typen der Hämochromatose. Typ I ist die am häufigsten auftretende Form.

Bei Typ 1 bis 3 wird die zugrundeliegende Genmutation autosomal-rezessiv weitergegeben. Autosomal-rezessiv bedeutet, dass die Erkrankung sich nur dann manifestiert, wenn die Mutation von beiden Elternteilen vererbt wurde. Wird sie von nur einem Elternteil weitergegeben, erkrankt der Betroffene nicht. Er wird aber zum Träger, der die Erkrankung weitergeben kann.

Hämochromatose Typ 4 wird autosomal-dominant vererbt. Damit manifestiert sich dieser Typ auch dann, wenn der Gendefekt lediglich von einem Elternteil vererbt wurde.

Hämochromatose Typ 1

Hämochromatose Typ 1 wird durch eine Mutation des HFE-Gens ausgelöst. Die genauen Mechanismen, die ausgehend von diesem Gendefekt zu einer Eisenüberladung führen, sind bislang nicht geklärt.

Angenommen wird, dass das defekte HFE-Gen zu einer verminderten Konzentration des Eisenhormons Hepcidin im Blut führt. Das Eisenhormon reguliert die Eisenaufnahme im Darm. Liegt es in verminderter Konzentration vor, führt dies zu einer vermehrten Eisenresorption und -ablagerung.

Die Symptome können bei Typ 1 sehr variabel sein. Deshalb geht man von weiteren, bislang nicht geklärten genetischen Faktoren, die zu einer vermehrten Eisenaufnahme führen, aus.

Aber auch bei einer nur mäßigen Eisenakkumulation mit Symptomfreiheit können zusätzliche Lebernoxen oder -erkrankungen wie Alkohol oder Hepatitis C durch die toxische Wirkung des Eisens zu schweren Leberschädigungen führen.

  • Häufigkeit: 1 : 10.000
  • Manifestationsalter: bei Männern zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr, bei Frauen wegen der regulierend wirkenden Menstruationsblutung nach der Menopause
  • Organmanifestationen (nach Häufigkeit): Leber (Zirrhose), Pankreas (Diabetes mellitus), Herz (Insuffizienz), Gelenke (Arthalgie bzw. Schmerzen), Hypophyse (Hypogonadismus bzw. Funktionsstörung der Hoden mit Testosteronmangel)

Hämochromatose Typ 2

Hämochromatose Typ 2 wird in Subtyp 2a und 2b unterteilt. Während bei Typ 2a das HJV-Gen (Hämojuvelin-Gen) mutiert ist, liegt bei Typ 2b ein verändertes HAMP-Gen (Hepcidin-Gen) zugrunde.

Hämojuvelin ist ebenso wie Hepcidin ein Regulator des Eisenstoffwechsels. Beide Gendefekte führen zu einer erhöhten Eisenresorption im Dünndarm.

  • Häufigkeit: ca. 1 : 1.000.000 (Typ 2a); Rarität (Typ 2b)
  • Manifestationsalter: 10. bis 20. Lebensjahr (Typ 2a); 5. bis 15. Lebensjahr (Typ 2b)
  • Organmanifestationen (nach Häufigkeit): Herz (Insuffizienz), Hypophyse (Hypogonadismus), Leber (Zirrhose)

Hämochromatose Typ 3

Hämochromatose Typ 3 liegt ein mutiertes TFR2-Gen (Transferrinrezeptor-2-Gen) zugrunde. Der Transferrinrezeptor-2 nimmt in der Leber das an das Glykoprotein Transferrin gebundene Eisen auf. Durch den Defekt kommt es zu einer Eisenablagerung mit Gewebeschädigung.

  • Häufigkeit: Rarität
  • Manifestationsalter: 10. bis 50. Lebensjahr
  • Organmanifestationen: wie Typ 1

Hämochromatose Typ 4

Diesem Hämochromatosetyp liegt eine Mutation des SLC11A3-Gens (Ferroportin-Gen) zugrunde, weshalb dieser auch als Ferroportin disease bezeichnet wird. Nachdem Eisen durch Transportproteine in die Epithelzellen des Darms aufgenommen wurde, wird es dort durch das Eportprotein Ferroportin aufgenommen und in die Blutzirkulation überführt. Bei einem defekten Exportprotein steigt der Eisengehalt im Körper.

  • Häufigkeit: 1 : 1.000.000
  • Manifestationsalter: 10. bis 50. Lebensjahr
  • Organmanifestationen (nach Häufigkeit): Leber (Zirrhose), Knochenmark (Anämie), Milz (Eisenablagerung)

Wie wird Hämochromatose behandelt?

Ziel der Hämochromatose-Behandlung ist die Senkung der Ferritin-Konzentration im Serum auf unter 50 µg pro Liter. Damit bezwecken die Mediziner, die Eisenspeicher des Körpers zu leeren und Gewebeschädigungen zu verhindern. Hierzu kommen unterschiedliche Strategien zum Einsatz.

Aderlasstherapie

Abhängig von Verträglichkeit und Krankheitsbild wird dem Betroffenen in einer bestimmten Frequenz eine spezifische Blutmenge entzogen.

Typischerweise kommen Aderlasse zu Beginn der Behandlung ein- bis zweimal wöchentlich zum Einsatz, wobei jeweils 400 bis 500 Milliliter Blut entnommen werden. Mit 500 Milliliter Blut werden 250 Milligramm Eisen aus dem Körper entfernt.

Nach Eintreten der mykrozytären Anämie werden die Intervalle zwischen den Aderlassen größer. Die Erhaltungstherapie mit den größtmöglichen Intervallen zwischen den Aderlassen wird lebenslang durchgeführt.

Die Aderlasstherapie ist nicht möglich bei ausgeprägter Anämie und Herzinsuffizienz.

Eisenchelatoren

Wenn die Aderlasstherapie nicht möglich ist, oder bei Hämochromatose vor dem 30. Lebensjahr werden Eisenchelatoren wie Deferoxamin und Deferasirox zur Senkung des Eisengehalts im Körper eingesetzt.

Diese binden das Eisen im Körper und führen es der Ausscheidung zu.

Diätetische Maßnahmen

Eine eisenarme Diät ist bei Hämochromatose nicht erforderlich. Es wird aber empfohlen, zur Verringerung der Eisenaufnahme zu den Mahlzeiten schwarzen Tee zu trinken.

Wer behandelt Hämochromatose?

Hämochromatose wird von Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt

Fachärzten für Hämatologie behandelt. Aderlasse werden in Eisenstoffwechselambulanzen durchgeführt.

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