Wirbelgleiten (Spondylolisthesis): Infos & Spezialisten finden

14.12.2022
Prof. Dr. med. Oliver P. Gautschi
Medizinischer Fachlektor

Durch eine Instabilität der Wirbelgelenke und durch fortschreitende degenerative Veränderung kann es zu einer Verschiebung der Wirbel kommen. Diese Erkrankung bezeichnet man als Wirbelgleiten bzw. Spondylolisthesis. Häufig ist die Lendenwirbelsäule davon betroffen.

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Wirbelgleiten-Spezialisten und Zentren.

ICD-Codes für diese Krankheit: M43.1

Empfohlene Wirbelgleiten-Spezialisten

Kurzübersicht:

  • Was ist eine Spondylolisthesis? Bei instabiler Wirbelsäule können einzelne Wirbel aus ihrer ursprünglichen Position herausrutschen. Am häufigsten ist der Lendenbereich betroffen.
  • Ursachen & Risikofaktoren: Meistens liegen bereits degenerative Schäden an den Wirbeln vor und auch der altersbedingte Verlust der Flexibilität der Bandscheiben führt zu einer Instabilität. Die Erkrankung kann auch angeboren oder durch eine Fehlbelastung während des Sports entstehen.
  • Symptome: Rückenschmerzen, die oft in die Beine ausstrahlen, Gefühlsstörungen und ein Schwächegefühl in den Beinen, Bewegungsseinschränkungen der Lendenwirbelsäule, selten Mastdarm- und/oder Blasenprobleme bei weit fortgeschrittener Erkrankung. Manchmal treten auch keine Beschwerden auf.
  • Diagnose: Auf das Patientengespräch folgt eine körperliche Untersuchung. Ein Röntgenbild und ggf. eine MRT oder eine CT zeigen das Ausmaß genauer, so dass die eine optimale Therapie erfolgen kann.
  • Schweregrade: Die Erkrankung wird in vier Schweregrade unterteilt. Die Einordnung erfolgt anhand der Entfernung der verschobenen Wirbel zu ihrer ursprünglichen Position. Die Skala beginnt bei 25 % und endet bei 75 %. Im deutschprachigen Raum wird am häufigsten die Meyerding Klassifikation (Grad 1 – leichtes Wirbelgleiten, Grad 4 – ausgeprägtes Wirbelgleiten) verwendet.
  • Behandlung: Bei leichten Fällen reicht eine konservative Behandlung, durch die der Patient die Risikofaktoren mindert, seine Muskulatur stärkt und ggf. Medikamente gegen die Schmerzen erhält. In schweren Fällen ist eine Operation zur Stabilisierung der Wirbel notwendig.

Artikelübersicht

Was ist Wirbelgleiten?

Wirbelgleiten (medizinisch Spondylolisthesis) ist eine Erkrankung, bei der sich die Wirbelkörper der Wirbelsäule gegeneinander verschieben. Meistens tritt Wirbelgleiten an der Lendenwirbelsäule auf. In schweren Fällen können einzelne Wirbelkörper sogar die Spinalnerven im unteren Rückenmark einklemmen. Das Einklemmen von Nerven verursacht oft beträchtliche Schmerzen oder sensomotorische Ausfälle.

Durch das Rutschen über einen langen Zeitraum hinweg entstehen Verwachsungen im hinteren Wirbelbereich. Dadurch kann sich die Statik der Wirbelsäule teilweise von selber verstärken und somit stabilisieren.

Viele Patienten spüren auch gar keine Beschwerden aufgrund einer Spondylolisthesis. Man spricht dann von einer asymptomatischen Spondylolisthesis, also Wirbelgleiten ohne Symptome.

Patienten mit einer symptomatischen Spondylolisthesis können in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt sein. Sie leiden zum Teil unter starken belastungs- und positionsabhängigen Schmerzen.

In den meisten Fällen können die Beschwerden initial gut konservativ (ohne OP) behandelt werden. Nur in sehr schweren Spondylolisthesis-Fällen ist eine Operation notwendig.

Ob eine Behandlung notwendig ist, entscheidet der behandelnde Arzt. Die Indikation einer operativen Behandlung hängt immer von

  • der Schmerzsituation,
  • der Einschränkung der Alltagsaktivitäten und der Lebensqualität,
  • des subjektiven Leidensdruckes und
  • der klinisch-radiologischen Befundkonstellation

ab.

Wirbelgleiten (Spondylolisthesis)
Beim Wirbelgleiten verschieben sich einzelne Wirbelkörper gegenüber den benachbarten Wirbeln © Henrie | AdobeStock

Welcher Arzt ist Spezialist für Wirbelgleiten?

Der für die Diagnose von Wirbelgleiten zuständige Facharzt ist der Wirbelsäulenspezialist (in der Regel ein Neurochirurg oder Orthopäde).

Erforderliche Operationen führt der Facharzt für Neurochirurgie oder Orthopädie oder Unfallchirurgie aus.

Risikofaktoren und Ursachen einer Spondylolisthesis

Die Wirbelsäule trägt die ganze Last des Körpers und sie hält ihn aufrecht. Bei Überlastungen kann ein Wirbel verrutschen. Das passiert vor allem, wenn

geschwächt sind

Die häufigste Ursache sind degenerative Schäden an den Wirbeln. Mit zunehmendem Alter kommt es zu einem Flüssigkeitsverlust der Bandscheiben, wodurch sich ihre Höhe verringert. Die Wirbelkörper nähern sich einander an und die Funktion des Muskel- und Bandapparates wird dabei gestört. Bei untrainierten Menschen führt das zu einer schlechteren Kompensierung von Bandscheibenschäden.

Durch eine hohe Belastung und Überstreckung der Wirbelsäule nach hinten kann es zu einer isthmischen Spondylolisthesis kommen. Gewichtheber oder Speerwerfer sind besonders häufig davon betroffen. Auch Verletzungen der Wirbelsäule vermindern ihre Stabilität und es kann zu einer Erkrankung kommen.

In manchen Fällen ist die Erkrankung angeboren. Die Auslöser dafür sind noch relativ unbekannt. Allerdings gibt es familiäre Häufungen. Das heißt, dass Verwandte ersten Grades eines Betroffenen ein erhöhtes Risiko aufweisen, ebenfalls zu erkranken.

Jungen sind drei- bis viermal häufiger betroffen als Mädchen. Bei Mädchen ist der Verlauf jedoch stärker ausgeprägt.

Nach der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie sind bis zu vierzig Prozent der Deutschen von einer Spondylolisthesis betroffen. Häufig ist die Ausprägung jedoch häufig mild.

Die Symptome einer Spondylolisthesis

Betroffene Patienten leiden häufig unter Schmerzen, die sich bei bestimmten Bewegungen verstärken. Sie breiten sich oft von hinten nach vorne aus und werden wie ein Gürtel empfunden. Manche Betroffene haben auch das Gefühl einer gewissen Instabilität der Wirbelsäule.

Bei entspannter Rückenmuskulatur am Morgen sind die Schmerzen stärker. Bei der Quetschung einer Nervenwurzel kann es auch zu sensiblen und/oder motorischen Störungen der Beine kommen.

Eine kurze Übersicht der Symptome:

  • Rückenschmerzen, die manchmal auch in die Beine ausstrahlen
  • ein unangenehmes Schwächegefühl in den Beinen
  • Gefühlsstörungen in den Beinen

Bei weit fortgeschrittener Erkrankung können auch

  • Bewegungseinschränkungen der Lendenwirbelsäule
  • Lähmungen
  • Mastdarm- und Blasenstörungen bei stark fortgeschrittenem Wirbelgleiten mit Rückenmarkseinschränkung

auftreten. Das sind jedoch eher Ausnahmefälle.

In einigen Fällen bleibt eine Spondylolisthesis beschwerdefrei. Die Therapie sollte mit dem Arzt abgesprochen werden. Vielleicht erübrigt sich eine Behandlung, solange keine Schmerzen auftreten.

Untersuchung und Diagnose einer Spondylolisthesis

Wer häufig unter Rückenschmerzen leidet, sollte sich an seinen Hausarzt wenden. Bei Verdacht auf eine Spondylolisthesis wird er seinen Patienten zu einem Wirbelsäulenspezialisten überweisen.

Nur in seltenen Fällen ist eine Spondylolisthesis ein Notfall, der sofort in einer Klinik behandelt werden muss. Notfälle, die sofort untersucht werden müssen, sind

  • eine schwere Sensibilitäts- oder Motorikstörung sowie
  • Probleme beim Wasserlassen oder Stuhlgang.

Zu Beginn der Diagnostik steht die Anamnese, d.h. die Patientenbefragung. Der Arzt wird sich nach den Beschwerden und der Krankengeschichte erkundigen:

  • Besteht eine Verletzung an der Wirbelsäule?
  • Wie sehen sportliche Aktivitäten aus?
  • Sind ähnliche Symptome in der Familie bekannt?
  • Sind die Schmerzen bewegungsabhängig?
  • Ist ein Gefühl der Instabilität der Wirbelsäule vorhanden?
  • Werden Motorik- oder Sensibilitätsstörungen bemerkt?

Danach erfolgt eine körperliche Untersuchung.

Körperliche Untersuchung

Der Arzt überprüft nun die Beweglichkeit des Patienten. Er achtet darauf, ob der Betroffene sich abstützt oder unsicher wirkt.

Außerdem untersucht er den Verlauf der Wirbelsäule. Dabei fallen Fehlstellungen auf, zum Beispiel ein S-förmiger Verlauf, der auf eine Skoliose hinweist. Auch ein Schanzenphänomen kann erkannt werden, wenn ein Höcker im Verlauf der Wirbelsäule zu sehen ist. Solche Stufen werden meist durch das Abtasten der Dornfortsätze (hintere Fortsätze der Wirbel) festgestellt.

Durch Drücken und Klopfen identifiziert der Arzt schmerzhafte Regionen. Auch die Position des Beckens und der Muskelstatus um die Wirbelsäule werden bei der Untersuchung kontrolliert.

Mit dem sogenannten Schober-Zeichen kann die Funktion der Wirbelsäule überprüft werden. Dazu markiert der Untersucher, ausgehend vom oberen Steißbeinwinkel, alle zehn Zentimeter eine Stelle. Beugt der Patient sich vor, erkennt er die Einschränkung der Beweglichkeit.

Noch speziellere Untersuchungen hängen von der Symptomatik des Patienten ab.

Bildgebende Untersuchungen

Um ein genaues Bild der Erkrankung zu bekommen, werden Röntgenbilder aus zwei verschiedenen Ebenen angefertigt. Manchmal lässt der Arzt auch

durchführen. Dadurch können die Bandscheiben und Knochen genauer beurteilt werden. 

Zur Beurteilung, ob eine dynamische Listhesenkomponente vorliegt, sind oft auch konventionelle lumbale Funktionsaufnahmen in In- und Reklination sinnvoll.

Verschiedene Schweregrade der Spondylolisthesis

Nach Meyerding wird eine Spondylolisthesis in vier verschiedene Schweregrade eingeteilt.

  • Grad I die Wirbel verschieben sich bis zu 25 %
  • Grad II die Wirbel verschieben sich zwischen 25 % bis 50 %
  • Grad III die Wirbel verschieben sich von 51 % bis zu 75 %
  • Grad IV die Wirbel verschieben sich über 75 %

Kommt es zu einer vollkommenen Lösung eines Wirbels, spricht man von Spondyloptose.

Je nach Schweregrad treten auch die Symptome und Beschwerden auf. Bei frühzeitiger Behandlung sind die Aussichten auf Beschwerdelinderung sehr gut.

Die Behandlung einer Spondylolisthesis

Das Hauptziel ist, den Betroffenen von seinen Schmerzen zu befreien und somit eine bessere Lebensqualität zu gewährleisten. Das wird durch eine Stabilisierung der Wirbel erreicht.

Die Wirbelgleiten-Therapie besteht aus zwei Eckpfeilern:

  • der konservativen Behandlung
  • der chirurgischen Behandlung, wenn die konservative Therapie nicht ausreicht.

Bei leichteren Fällen reicht in der Regel eine konservative Therapie. Nur in sehr schweren Fällen muss direkt an einen chirurgischen Eingriff gedacht werden.

Wie sieht eine konservative Behandlung aus?

Zunächst wird nach eingehenden Untersuchungen ein ausführliches Gespräch geführt. Dabei erläutert der Arzt dem Patienten, wie er seine Wirbelsäule gezielt entlasten kann. Schon dadurch erreicht man in den meisten Fällen eine deutliche Verbesserung der Beschwerden.

Der Patient muss das Überdehnen der Wirbelsäule durch bestimmte Sportarten vermeiden. Bei Übergewicht wird eine entsprechende Gewichtsreduzierung empfohlen. Das verringert die Belastung der Wirbelsäule.

Darüber hinaus können Medikamente helfen. Gegen die Schmerzen können verschiedene Schmerzmittel effektiv eingesetzt werden. Auch muskelentspannende und antientzündliche Medikamente stehen zur Verfügung.

Krankengymnastik

Der Garant für eine stabile Wirbelsäule ist eine starke Muskulatur, die dem Wirbelgleiten entgegenwirkt.

Am besten lässt sich das durch gezielte Gymnastik und aber vor allem durch regelmässiges tägliches Training der Rückenmuskulatur erreichen.

Neurochirurgie

Nur in sehr schweren Fällen ist ein chirurgischer Eingriff notwendig. Eine Operation stabilisiert die Wirbel, um ihre korrekte Position zu gewährleisten. Ein entsprechendes Beratungsgespräch gibt Auskunft und nimmt die Ängste, die vor einer chirurgischen Therapie bestehen.

Quellen

  • https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/erkrankungen-des-rheumatischen-formenkreises-und-des-bewegungsapparats/nacken-und-r%C3%BCckenschmerzen/nichttraumatische-spinalsubluxation
  • http://www.leitliniensekretariat.de/files/MyLayout/pdf/spondylolisthesis.pdf
  • https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/033-051l_S2k_Spezifischer_Kreuzschmerz_2018-02.pdf
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