Gelenkerkrankungen - Medizinische Experten

06.08.2021
Dr. rer. nat. Marcus Mau
Autor des Fachartikels

Gelenkerkrankungen – und hierbei insbesondere die degenerativen Gelenkkrankheiten (Verschleißerkrankungen) – sind die häufigsten Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates. Gelenkschmerzen betreffen zudem fast jeden zweiten Menschen über 45 Jahre. In der Medizin werden Gelenkerkrankungen auch ganz allgemein als Arthropathien bezeichnet. Allerdings gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Krankheitsbilder, die unter diesem Begriff zusammengefasst werden – ein Überblick. 

ICD-Codes für diese Krankheit: M24

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Gelenkerkrankungen: Häufig ist es der Verschleiß

Gelenkverschleiß tritt altersbedingt bei den meisten Menschen auf. Nicht selten führen Überbeanspruchung und/oder Fehlbelastungen im Leben zu einem über das Alter hinausgehenden Maß eines verstärkten Gelenkverschleißes. Solche krankhaften Veränderungen an Knie und Hüftgelenken oder auch in der Schulter oder am Ellenbogengelenk werden allgemein als Gelenkerkrankungen bezeichnet.

Welche Arten von Gelenkerkrankungen gibt es?

Gelenkerkrankungen werden in der Medizin unter dem Begriff Arthropathien zusammengefasst. Diese teilen sich in zwei größere Formenkreise auf:

  • Die entzündlichen Gelenkerkrankungen oder auch Arthritiden.
  • Die nichtentzündlichen Gelenkerkrankungen oder Arthrosen.

Häufig sind Gelenkerkrankungen auch eine Folge von Stoffwechselstörungen oder von Infektionen und damit im Zusammenhang stehenden Entzündungen.

Welche Ursachen haben Gelenkerkrankungen?

In der Regel haben Gelenkerkrankungen mehrere Ursachen und lassen sich daher nicht auf einen einzigen Auslöser zurückführen. Mediziner nennen das multifaktoriell. Dennoch gibt es eindeutig erkrankungsfördernde Faktoren, wie z. B. Gelenkfehlstellungen (Dysplasie-Hüfte, O-Beine, Hallux). 

Darüber hinaus kommt es, wie bereits erwähnt, nicht selten bei fortgeschrittenen Stoffwechselerkrankungen zu Gelenkerkrankungen. Risikofaktoren sind beispielsweise

Fehl- und Überbelastungen, wie sie zumeist beim Heben von Lasten auftreten, sind eine weitere Ursache insbesondere für degenerative Gelenkerkrankungen.

Wie entstehen degenerative Gelenkerkrankungen?

Am besten untersucht ist die Entstehungsgeschichte von degenerativen Gelenkschäden. Über Jahre der Fehlbelastung hinweg, nutzen die knorpeligen Gelenkflächen immer weiter ab. Das Problem dabei: Gelenkknorpel kann nicht nachgebildet werden und ist somit irreversibel verloren. Desweiteren entstehen durch den ungleichen Abrieb an den Gelenkflächen häufig Unebenheiten und es bilden sich kleine Grate heraus, welche den Abrieb der Gelenkflächen weiter beschleunigen.

Am Ende ist die Gelenkknorpelschicht so dünn geworden, dass die Gelenkflächen der Knochen aufeinander reiben. Das verursacht Schabegeräusche im Gelenk, Schmerzen und fördert zudem entzündliche Prozesse, die den Knorpel und die Gelenkflächen weiter schädigen können.

Welche Symptome verursachen Gelenkerkrankungen?

Ganz ungeachtet ihrer Ursache und Entstehungsgeschichte gibt es Symptome, die bei allen Gelenkerkrankungen gleichermaßen häufig auftreten können. Dazu gehören vor allem die Kardinalsymptome der Entzündung:

  • Schmerz (Dolor),
  • Schwellung (Tumor),
  • Wärme (Calor),
  • Rötung (Rubor).

Je nach dem Grad der Gelenkschädigung kommt es im weiteren Verlauf zu Bewegungseinschränkungen, zu Muskelschmerzen sowie in vielen Fällen auch zu einem typischen schabenden oder knackenden Geräusch bei Beugung z. B. des Kniegelenks.

In weiter fortgeschrittenen Stadien der Gelenkerkrankung kann es

kommen. Die Schmerzen sind in diesem Stadium bereits chronisch, sodass keine Bewegung mehr ohne Schmerzen ablaufen kann. Für die Lebensqualität und die Psyche der Betroffenen ist dieser Zustand eine extreme Belastung.

Wie wird eine Gelenkerkrankung diagnostiziert?

Im frühen Stadium werden Gelenkerkrankungen in der Regel anhand des klinischen Bildes diagnostiziert. Das bedeutet, dass mit Einsetzen des Schmerzes bei Belastung, dauerhaft oder nach einer gewissen Gehstrecke (Ermüdungsschmerz) bereits ein Verdacht auf eine mögliche Gelenkerkrankung besteht. Hinzukommen Gelenkergüsse, Bewegungseinschränkungen sowie Fehlstellungen im Gelenk.

In einem Röntgenbild lassen sich die Gelenkflächen sehr gut sichtbar machen. Dort fallen dann vor allem Unebenheiten, Sporne und Abriebpartikel im Gelenkspalt auf. Häufig ist der Gelenkspalt auch deutlich verkleinert.

Bei entzündlichen Gelenkerkrankungen, wie beispielsweise bei der Polyarthritis, einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises, sind nicht selten Entzündungsparameter oder sogenannte Rheumafaktoren im Blut messbar.

Welche Behandlungsmöglichkeiten stehen bei Gelenkerkrankungen zur Auswahl?

Da viele Gelenkerkrankungen vor allem Schmerzen verursachen, steht die Schmerztherapie insbesondere am Anfang der Krankheit an oberster Stelle. Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) sind hier die Mittel der Wahl. Dazu zählen z. B. das Ibupfrofen oder auch das bekannte Diclofenac.

In einigen Fällen greifen Ärzte auf die sogenannten Chondroprotektiva, knorpelschützende Substanzen, zurück. Die hierzu gehörenden Hyaluronsäuren, Grünlippmuschelextrakte und andere sollen in erster Linie die Enzyme hemmen, die den entzündlichen Knorpelabbau fördern. Dadurch kann der Krankheitsverlauf verlangsamt werden. Bei Gelenkergüssen und schweren Entzündungen wird häufig auch Cortison direkt ins betroffene Gelenk gespritzt, um die Entzündungsprozesse zu stoppen.

Im Falle von rheumatischen Gelenkerkrankungen wird zuerst immuntherapeutisch behandelt, indem das Immunsystem in seiner Funktion unterdrückt wird. Dazu gibt es z. B. das bekannte Methotraxat.

Desweiteren kann konservativ mithilfe von physiotherapeutischen oder krankengymnastischen Übungen therapiert werden. So sollen überwiegend Fehlbelastungen und Muskelabbau verhindert werden.

Am Ende stehen bei fortgeschrittener Gelenkerkrankung oder bei unerträglichem Schmerz mit erheblichen Bewegungseinschränkungen schließlich invasive Behandlungsmethoden zur Verfügung. Dazu zählt die Arthroskopie, die sogenannte Gelenkspiegelung. Bei dieser wird über einen Mikroschnitt eine Sonde z. B. ins Kniegelenk eingebracht, die es dem Operateur unter anderem ermöglicht, den Gelenkspalt zu sichten, auszuräumen und die Gelenkflächen zu glätten. Dadurch soll eine Bewegungsverbesserung erreicht und der Gelenkverschleiß gebremst werden. 

Das letzte Mittel der Wahl ist die Operation, mitunter auch zum Einsatz eines künstlichen Gelenkes. Dies kommt jedoch lediglich Patienten mit weit fortgeschrittener Gelenkerkrankung infrage, die zudem unter massiven Schmerzen und Bewegungseinschränkungen leiden.

Welche Prognose gibt es bei Gelenkerkrankungen?

Akute entzündliche Gelenkerkrankungen haben meist eine gute Prognose, da die Gefahr für die Gelenke nach der Therapie gebannt ist. Anders sieht dies jedoch bei verschleißbedingten Gelenkerkrankungen aus. Diese sind irreversibel, sodass es hier besonders wichtig ist, möglichst frühzeitig zu therapieren. Dann kann der Krankheitsverlauf verzögert werden. Physiotherapie, Osteopathie oder chiropraktische Behandlungen können dabei weiter unterstützen.

Welche Ärzte behandeln Gelenkerkrankungen?

Gelenkerkrankungen werden je nach Ursache von verschiedenen Fachärzten behandelt. Dazu zählen unter anderem Fachleute für Rheumatologie, für Chirurgie, für Orthopädie sowie in Teilen auch für Infektiologie und Dermatologie.

Quellen

flexikon.doccheck.com/de/Arthropathie
medlexi.de/Gelenkerkrankungen
Michael JWP et al., Epidemiologie, Ätiologie, Diagnostik und Therapie der Gonarthrose. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(9): 152-62. doi:10.3238/arztebl.2010.0152
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