Divertikel: Informationen & Divertikel-Spezialisten

03.03.2023
Dr. med. Philippe Glauser
Medizinischer Fachautor

Unter Divertikeln sind Ausstülpungen nach außen, die meistens in der Darmwand des linksseitigen Dickdarms entstehen. Ausstülpungen kommen aber nicht nur im Magen-Darm-Trakt vor, sondern können beispielsweise auch im Harntrakt oder in seltenen Fällen im Herzen auftreten. Dieser Artikel behandelt die Divertikel des Dickdarms.

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Divertikel-Spezialisten und Zentren.

ICD-Codes für diese Krankheit: K57

Empfohlene Divertikel-Spezialisten

Kurzübersicht:

  • Was sind Divertikel? Darunter versteht man Ausstülpungen der Wand eines Hohlorgans nach außen. Vor allem der Darm und der Harntrakt können davon betroffen sein.
  • Symptome: Nur 30 % aller Divertikel zeigen Symptome, darunter Blähungen, veränderte Stuhlbeschaffenheit und Stuhlfrequenz, Darmblutungen, Schmerzen in Unterbauch und weitere.
  • Ursachen & Risikofaktoren: Divertikel bilden sich meistens erst in höherem Lebensalter. Auch eine ballaststoffreiche Ernährung in Verbindung mit geringer körperlicher Aktivität und Übergewicht können die Erkrankung begünstigen.
  • Diagnose: Bei der körperlichen Untersuchung kann sich ein Verdacht erhärten. Eine Blutuntersuchung sowie bildgebende Verfahren wie Ultraschall und CT geben weitere Hinweise. Unter Umständen ordnet der Arzt eine Darmspiegelung an.
  • Behandlung: Die Therapieform hängt vom Stadium und den genauen Beschwerden ab. RIsikofaktoren sollten eingedämmt werden, in schweren Fällen können auch betroffene Darmabschnitte operativ entfernt werden.

Artikelübersicht

Definition: Was sind Divertikel?

Divertikel sind Ausstülpungen der Wand eines Hohlorgans nach außen. Sie können im gesamten Verdauungstrakt vorkommen. Meistens entstehen Divertikel aber im linksseitigen Dickdarm. Auch der Harntrakt (Harnleiter, Harnröhre, Harnblase) und in sehr selten Fällen das Herz können betroffen sein.

Je nachdem, ob alle oder nur einige Wandschichten an der Ausstülpung beteiligt sind, unterscheidet man

  • echte Divertikel (alle Wandschichten werden nach außen gestülpt) von
  • falschen Divertikeln, auch Pseudodivertikel genannt (meistens sind nur die den Darm auskleidende Schleimhaut und die darunter liegende Submukosa beteiligt).

In den meisten Fällen von Divertikeln handelt es sich um Pseudodivertikel. Dieser Artikel bezieht sich daher vor allem auf Pseudodivertikel.

Die Bezeichnung Divertikulose ist durch das Vorhandensein von in der Regel mehreren Divertikeln definiert. Verursachen die Divertikel Beschwerden, spricht man von einer Divertikelkrankheit. Sind ein oder mehrere Divertikel entzündet, liegt eine Divertikulitis vor.

Das Vorhandensein von Divertikeln im Darm und deren Ausprägung können in verschiedene Klassen eingeteilt werden. Sie sind für den therapeutischen Ansatz von Bedeutung.

Sind die Divertikel nicht entzündet, handelt es sich um Typ 0, die asymptomatische Divertikulose. Entzündete Divertikel, die Divertikulitis, lassen sich in die Typen 1 bis 4 einteilen.

Divertikel im Dickdarm
Durch die Divertikel in der Darmwand können Entzündungen entstehen und der Darm kann sogar aufreißen © Henrie | AdobeStock

Symptome

Das Auftreten von Divertikeln hat in der Regel keinerlei Krankheitsbedeutung. Problematisch wird es erst dann, wenn Symptome oder Komplikationen auftreten. 70 Prozent der Menschen, die Divertikel haben, bleiben lebenslang ohne Symptome.

Bei den übrigen 30 Prozent können sich je nach Krankheitsstadium verschiedene Symptome entwickeln:

  • Blähungen, aufgetriebener Leib, Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung, wobei sich diese Beschwerden meist nach dem Stuhlgang bessern können,
  • veränderte Stuhlbeschaffenheit (überwiegend Verstopfung),
  • veränderte Stuhlfrequenz,
  • zum Teil heftige Darmblutungen (Divertikelblutungen stellen die häufigste Ursache für Blutungen aus dem Magen-Darm-Trakt dar),
  • Schmerzen im linken Unterbauch bis hin zu heftigsten Bauchschmerzen sowie
  • eine tastbare walzenförmige feste Struktur bis hin zu einem „brettharten Bauch“

Insbesondere bei Zeichen einer akuten Divertikelkrankheit muss schnell ein Arzt konsultiert werden. Zu den Anzeichen gehören linksseitiger Unterbauchschmerz und eine Verhärtung des Bauchs.

Ursache dieser Schmerzen ist eine Ausdehnung der Entzündung auf die Außenseite des Darms und auf das Bauchfell. Dadurch entsteht eine Bauchfellentzündung (Peritonitis).

Im weiteren Verlauf der Divertikelkrankheit kann es zu

  • Eiteransammlungen (Abszessen) bis hin
  • zur Perforation (Einreißen) des Darms

kommen. Dadurch können Stuhl und Luft aus dem Darm in die Bauchhöhle gelangen. Diese „kotige Peritonitis“ kann trotz operativer Versorgung und Antibiotikatherapie auch in der heutigen Zeit immer noch zum Tode führen.

Treten - auch leichte - Entzündungen immer wieder auf, spricht man von einer chronischen Divertikelkrankheit. Dadurch kann es im Verlauf zu Schrumpfungen des Darms und zur Entwicklung einer Verengung (Stenose) im Darm kommen.

Ursachen und Risikofaktoren

Divertikel entstehen mit zunehmendem Lebensalter. Während bei Personen unter 50 Jahren nur etwa zehn Prozent der Menschen Divertikel aufweisen, hat bereits jeder zweite 80-Jährige Darmausstülpungen.

Es gibt darüber hinaus Hinweise, dass manche Ernährungsgewohnheiten zur Entstehung von Divertikeln beitragen können: Bevölkerungsgruppen mit traditionell eher faserreicher Ernährung haben deutlich weniger Divertikel als die Bevölkerung in Industrieländern, die sich häufiger faserarm (ballaststoffarm) ernährt.

Daraus resultiert die These, dass Divertikel durch eine ballaststoffärmere Kost entstehen. Durch eine faserarme Kost, verbunden mit einer geringeren Trinkmenge, verarbeitet der Darm weniger Stuhl. Dadurch wird das Darminnere (Darmlumen) weniger stark gefüllt.

Der Darm bewegt sich spontan, also ohne bewussten Einfluss des Menschen. Diese Darmbewegungen werden durch die Füllung des Darms bzw. die entsprechende Dehnung der Darmwand gesteuert. Bei geringerem Darminhalt nimmt die spontane Beweglichkeit ab. Für die entsprechenden Bewegungswellen muss dann ein viel höherer Druck aufgewendet werden, der zu den Ausstülpungen führen kann.

Risikofaktoren für die Entstehung von Divertikeln sind also eine ballaststoffarme Kost und ein dadurch entstehendes Verstopfungsrisiko. Auch geringe körperliche Aktivität und starkes Übergewicht können die Entstehung von Divertikeln begünstigen.

Risikofaktoren der Divertikelkrankheit und Divertikulitis sind hingegen vor allem

Untersuchungen und Diagnose

Die meisten Divertikel verursachen keine Beschwerden. Daher werden asymptomatische Divertikel meist zufällig im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung oder der Abklärung einer anderen Erkrankung gefunden. Erst wenn Beschwerden auftreten, wird gezielt nach deren Ursache gefahndet.

Basis jeder ärztlichen Diagnostik ist die Patientenbefragung (Anamnese). Hierbei befragt der Arzt den Patienten über

  • die Art und Schwere der Beschwerden,
  • vergangene Krankheiten,
  • eingenommene Medikamente und
  • familiäre Erkrankungen.

In der anschließenden körperlichen Untersuchung wird der Bauch abgetastet und abgehört. Der Arzt misst die Körpertemperatur und führt eine digital-rektale Untersuchung (Untersuchung des Enddarms mit dem Finger) durch. Meistens erfolgt auch eine Blutuntersuchung. Im Labor werden dabei die Leukozyten- und CRP-Werte geprüft. CRP bedeutet C-reaktives Protein, ein Wert, der bei Entzündungen in der Regel ansteigt.

In der bildgebenden Diagnostik stehen der Ultraschall und die Computertomographie im Vordergrund. Bei einer Divertikelkrankheit besteht die Gefahr, dass durch das Endoskop der Darm perforiert (einreißt). Daher sollte eine Darmspiegelung in der Akutphase nicht durchgeführt werden.

Lediglich bei Darmblutungen aus Divertikeln erfolgt eine Darmspiegelung, um die Blutungsquelle zu suchen und um die Blutung möglichst zu stillen. Ist keine Blutungsquelle auszumachen, sind weitere bildgebende Untersuchungen (CT-Angiographie, Angiographie oder Szintigraphie) notwendig.

Bei länger als drei bis sechs Monate anhaltenden leichten und unspezifischen Beschwerden sollte eine Darmspiegelung durchgeführt werden. Damit kann der Arzt andere Krankheiten des Darms als Ursache sicher ausschließen.

Allgemeines zur Behandlung

Wichtig für die Behandlung sind die Sicherung der Diagnose und der Ausschluss anderer Ursachen. Die Therapie ist immer stadienabhängig.

Menschen mit Divertikeln sollten

  • regelmäßige körperliche Aktivitäten ausüben,
  • Normalgewicht erhalten/erreichen und
  • ballaststoffreiche, vegetarische Kost zu sich nehmen. 

Diese Maßnahmen können einer Divertikulitis vorbeugen.

Leichte Beschwerden, wie Unregelmäßigkeiten im Stuhlgang, können oft durch Regulierung des Stuhlgangs erfolgreich therapiert werden. Hierzu wird in der Regel eine ballaststoffreiche Kost empfohlen.

Besteht dann weiterhin die Neigung zur Verstopfung, sind zusätzliche Gaben von

  • Quellmitteln (Weizenkleie, geschrotete Leinsamen) sowie
  • Milchprodukten (zum Beispiel naturbelassener Joghurt)

empfehlenswert. Stellt sich unter diesen Maßnahmen keine Besserung der Symptomatik ein, können durch den Arzt (keine Eigenmedikation!) stuhlregulierende Medikamente verschrieben werden.

Die Therapie reicht je nach Schweregrad der Erkrankung von

  • der Regulierung des Stuhlgangs mittels ballaststoffreicher Kost, über
  • eine Antibiotikatherapie und
  • operativen Entfernung von divertikeltragenden Dickdarmabschnitten bis hin
  • zur Stillung von Divertikelblutungen und
  • der Notfall-Operation bei Darmperforation.

Quellen

  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs-und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), Deutsche Gesellschaft für Allgemein-und Viszeralchirurgie (DGAV) (2013) Divertikelkrankheit / Divertikulitis. S2k-Leitlinie. AWMF Register-Nr. 021/20. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-020l_S3_Divertikelkrankheit_Divertikulus_2014-05-abgelaufen.pdf
  • Fischbach W. (2015) Divertikelkrankheit des Kolons. In: Lehnert H. et al. (eds) SpringerReference Innere Medizin. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg
  • Germer C-T, Lock JF (2017) Erste deutsche Leitlinie zur Divertikelkrankheit. Bayerisches Ärzteblatt vom 15.12.2017. https://www.bayerisches-aerzteblatt.de/inhalte/details/news/detail/News/erste-deutsche-leitlinie-zur-divertikelkrankheit.html
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