Morbus Osler: Informationen & Morbus Osler-Spezialisten

09.02.2023
Prof. Dr. med. Susanne Regus
Medizinische Fachautorin

Morbus Osler ist eine in der Bevölkerung nahezu unbekannte seltene Erbkrankheit. Sie ist auch als Rendu-Osler-Weber-Syndrom sowie hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (HHT) bekannt. Morbus Osler-Patienten leiden an Gefäßmissbildungen, die vor allem im Gesicht, aber auch an inneren Organen auftreten können.

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Morbus Osler-Spezialisten und Zentren.

ICD-Codes für diese Krankheit: I78.0, I78.1

Empfohlene Morbus Osler-Spezialisten

Artikelübersicht

Was ist Morbus Osler?

Der Morbus Osler führt zu unnatürlich geweiteten Blutgefäßen. Besonders betroffen sind die Bereiche im Gesicht, hier insbesondere um

  • Nase,
  • Mund,
  • Wangen und
  • Ohren.

Gelegentlich sind auch die Blutgefäße von inneren Organen betroffen, wie

Extrem selten sind Blutgefäße des Gehirns befallen.

Wie merkt man, dass man an einem Morbus Osler leidet?

Reißen die überdehnten Blutgefäße ein, kann es zu diffusen Blutungen kommen. Da es sich beim Morbus Osler um eine angeborene Erkrankung handelt, kann sich diese bereits im Kindesalter bemerkbar machen. Hier ist Nasenbluten das häufigste Problem, über welches die Patienten berichten. 

Morbus Osler kann in sehr unterschiedlichen Lebensaltersstufen erstmals auftreten. Das am häufigsten vorkommende Nasenbluten ist bereits bei Kindern zu beobachten. Nasenbluten tritt oft vor dem 20. Lebensjahr auf, manchmal auch erst ab dem siebten Lebensjahrzehnt.

Der Erbgang von Morbus Osler ist autosomal-dominant. Das heißt, dass Kinder eines Betroffenen ein Erkrankungsrisiko von 50 Prozent haben. Ihr Geschlecht spielt dabei keine Rolle.

Autosomal-dominant bedeutet, dass ein erkranktes Gen genügt, um die Erkrankung zum Durchbruch zu bringen. Im Gegensatz hierzu bedeutet autosomal-rezessiv, dass beide Gene krank sein müssen, um die Erkrankung zu bekommen, eines genügt nicht. Autosomal-dominant vererbte Erkrankungen sind deutlich häufiger als autosomal-rezessive, zumindest merken Patienten die Erkrankung und haben typische Probleme und Symptome.

Mit welchen Symptomen macht sich Morbus Osler bemerkbar?

Das Leitsymptom eines Morbus Osler ist Nasenbluten, auch unter dem Begriff Epistaxis bekannt. Circa 80 bis 90 Prozent der Betroffenen leiden daran.

Das Nasenbluten kann sehr hartnäckig sein: So bilden sich nach ärztlich ausgeführten Gefäßunterbindungen oder Gefäßverschlüssen häufig neue Gefäße oder Umgehungskreisläufe. Auch diese können bluten.

Im Gesicht werden punktförmige Gefäßerweiterungen (Teleangiektasien) sichtbar. Sie sind um die Nase und den Mundbereich herum sowie an Wangen und Ohren zu sehen.

Gefäßschädigungen im Gesicht aufgrund von Morbus Osler
Gefäßschädigungen im Gesicht aufgrund von Morbus Osler © Svetlana | AdobeStock

Weniger augenfällig treten die Symptome eines Morbus Osler an den inneren Organen zutage. Bei ungefähr 5 bis 15 Prozent der Morbus-Osler-Patienten bestehen Gefäßfehlbildungen in der Lunge. Mitbetroffen ist hier häufig das Herz, das aufgrund seiner erforderlichen erhöhten Pumpleistung überlastet wird.

Blutungen im Magen-Darm-Trakt lösen den sogenannten Teerstuhl aus. Dieser ist durch seine schwarz glänzende Farbe charakterisiert. Er entsteht, wenn Blut in Kontakt mit Magensäure kommt. Teerstuhl bedeutet folglich, dass die Blutung im oder oberhalb des Magens (im Mund oder der Speiseröhre) stattfindet. Eine Blutung im Dünn- oder Dickdarm führt in aller Regel nicht zu Teerstuhl.

Besonders riskant ist die von einer hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie ausgelöste Blutung im Gehirn. Sie kann unter anderem einen Schlaganfall verursachen.

Neurologische Symptome wie starke Kopfschmerzen oder Lähmungen können ebenfalls auf Morbus Osler hindeuten.

Welche Diagnosekriterien gelten für Morbus Osler?

Für die Diagnose eines Morbus Osler existieren mehrere Kriterien:

  • wiederkehrendes spontanes Nasenbluten
  • verschiedene Morbus-Osler-typische Gefäßerweiterungen
  • Beteiligung innerer Organe, insbesondere Lunge, Leber, Magen-Darm-Trakt, Gehirn
  • mindestens ein von Morbus Osler betroffener Verwandter ersten Grades

Ist nur eines dieser Diagnosekriterien erfüllt, gilt eine Morbus Osler-Erkrankung als unwahrscheinlich. Bei zwei erfüllten Kriterien ist sie möglich, ab drei Kriterien ist sie sicher.

Darüber hinaus gibt es die Option einer genetischen Untersuchung.

Wie wird Morbus Osler behandelt?

Die Behandlung eines Morbus Osler gestaltet sich häufig schwierig. Behandelt werden die Symptome, da die Ursache nicht heilbar ist. Nachfolgend wird auf die häufigsten Blutungskomplikationen und deren Behandlungsmöglichkeiten genauer eingegangen.

Unterschieden wird allgemein in konservative und operative Maßnahmen. Bei den konservativen Verfahren genügt die Gabe von Medikamenten oder die Anlage von Verbänden etc., wohingegen bei den sogenannten „invasiven“ Maßnahmen (also Eingriffen in die Unversehrtheit des Körpers) operative Eingriffe notwendig sind.

Wie ist das Vorgehen bei Nasenbluten?

Nasenbluten (medizinisch Epistaxis) ist das häufigste, teilweise sogar das einzige, klinische Zeichen vom Morbus Osler. Vorbeugen können spezielle Nasenöle und Nasengele sowie Spülungen und Salben.

Bei bereits eingetretener Blutung hat sich die Tamponade bewährt. Besonders empfehlenswert sind hier Vaseline-Salbenstreifen und latexfreie Gummifingerlinge, die nicht mit dem Naseninnenraum verkleben. Latexhaltige Fingerlinge können beim Entfernen eine neue Blutung auslösen.

Viele Betroffene entscheiden sich bei durch Morbus Osler verursachtem Nasenbluten für eine operative Therapie. Zur Wahl steht eine Elektro- oder Laserverödung der Blutgefäße.

Bringt diese Behandlungsmethode nicht den gewünschten Erfolg, ist eine Eigengewebe-Transplantation möglich. Diese führt ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt durch. Er ersetzt einen Teil der Nasenschleimhaut durch andere Hautpartien, beispielsweise der Mundhöhle oder des Oberschenkels. Allerdings bleibt ein Restrisiko, dass die nicht ausgetauschten Schleimhautbereiche weiter bluten können.

Als letztes und drastisches Mittel bliebe der völlige Verschluss der Nasenhaupthöhle. Er ist im Grunde nur dann zu empfehlen, wenn andere Erkrankungen eine Blutverdünnung erforderlich machen. Patienten verlieren dadurch ihren Geruchssinn und können nicht mehr durch die Nase atmen.

Wie werden Gefäßerweiterungen und Blutungen im Gesicht behandelt?

Gefäßerweiterungen im Gesicht empfinden Betroffene meistens als Schönheitsmakel. Hier fallen nicht nur die Gefäßerweiterungen selbst auf, sondern ebenso auftretende Blutungen.

Abhilfe kann hier eine Laserbehandlung schaffen. Oft kommt es allerdings zu Rezidiven, also erneutem Auftreten der Blutungen, weshalb meist mehrere Eingriffe notwendig sind.

Gibt es auch Gefäßerweiterungen in der Leber?

Neben Nase und Gesicht sind Veränderungen in der Leber die dritthäufigste Manifestation des Morbus Osler. Gefäßerweiterungen werden medizinisch auch Teleangiektasen genannt. Leber-Teleangiektasen verursachen jedoch kaum Beschwerden. Falls doch, helfen oft Entwässerungstabletten oder Betablocker. Außerdem ist es möglich, veränderte Leberarterien mit Kathetern zu verschließen. Dies ist allerdings nicht ganz einfach und Komplikationen sind häufig. In schweren Fällen ziehen Ärzte auch eine Lebertransplantation in Erwägung.

Müssen Gefäßerweiterungen in der Lunge behandelt werden?

Eine unbehandelte Gefäßerweiterung in der Lunge kann schwere Gesundheitsschäden verursachen. Daher raten Ärzte Morbus-Osler-Patienten zu einer Computertomographie (CT) der Lunge.

Die Therapie von Gefäßerweiterungen in der Lunge ist relativ risikoarm und meist erfolgreich. Dabei verschließt der Arzt per Katheter-Embolisation die Gefäßerweiterungen mit Ballons und Spiralen.

Welche Behandlungsmethoden gibt es im Magen-Darm-Trakt?

Bei Gefäßerweiterungen im Magen-Darm-Trakt kommen mehrere Behandlungsmethoden infrage. Morbus Osler-Patienten im Alter von über 35 Jahren lassen am besten mindestens einmal jährlich ihren roten Blutfarbstoff, das Hämoglobin, bestimmen. Bei einem unterdurchschnittlichen Wert raten Ärzte zur Darmspiegelung.

Während leichte Blutarmut mit Eisenpräparaten therapierbar ist, kann bei größeren Blutverlusten eine Bluttransfusion notwendig sein. Bei mehrfachen Bluttransfusionen ist eine vorherige vorbeugende Hepatitis-B-Impfung sinnvoll.

Östrogen-Progesteron-Medikamente können den Transfusionsbedarf verringern. Diese Medikation hat aber bei Männern bedenkliche Nebenwirkungen.

Wie können Gefäßmißbildungen im Gehirn behandelt werden?

Im Gehirn können Gefäßmissbildungen in Form von cerebralen vaskulären Malformationen (CVM) auftreten. Da es hier nicht unbedingt zu Blutungen kommen muss, klärt der Arzt zunächst das Blutungsrisiko und die damit verbundene Therapie ab.

Hilfreich bei der Therapie einer Gefäßerweiterung im Gehirn ist die Kernspintomografie (MRT). Im Therapiefall verschließt der Arzt missgebildete Blutgefäße mittels Katheter oder Öffnung der Schädeldecke.

Gibt es schwerwiegende Komplikationen bei Morbus Osler?

Nasenbluten kann durchaus zu einem größeren Blutverlust führen, läßt sich aber meistens durch eine Tamponade behandeln und stabilisieren. Dennoch empfiehlt es sich für Patienten, die an Morbus Osler leiden, einen Notfallausweis zu beantragen.

Über Gefäßkurzschlüsse in der Lunge können Blutgerinnsel und Bakterien in den übrigen Blutkreislauf gelangen. Sie können bis ins Gehirn vordringen. Schlaganfälle und eitrige Gehirninfektionen sind mögliche Folgen.

Sogar bei ärztlichen Eingriffen wie beispielsweise Zahnbehandlungen kann es zu Bakterieneinschwemmungen ins Blut kommen. Daher sollen Patienten mit Gefäßkurzschlüssen in der Lunge vor derartigen Eingriffen Antibiotika einnehmen.

Morbus-Osler-Patienten mit Lungengefäßmissbildungen sollten stets einen Notfallausweis mit sich führen. Er sollte auch Informationen zu ihrem besonderen Risiko einer Gehirninfektion bei medizinischen Eingriffen enthalten.

Ein weiteres Risiko bei einem Morbus Osler mit Lungengefäßmissbildungen ist ein unbedingt behandlungsbedürftiger Lungenhochdruck.

Tritt Morbus Osler gemeinsam mit einer Polyposis des Darms auf, ist ebenfalls besondere Vorsicht in der Behandlung geboten.

Die bei der Polyposis gehäuft vorhandenen kleinen Darmschleimhauttumoren sind anfangs gutartig. Sie können aber im Verlauf entarten und zu bösartigen Tumoren werden. Regelmäßige Darmspiegelungen helfen, dies rechtzeitig zu erkennen.

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