Harnsteine: Spezialisten und Informationen

23.03.2023
Dr. Claus  Puhlmann
Medizinischer Fachautor

Als Harnsteine (Urolithe) bezeichnet man steinartige Gebilde (Konkremente), die sich in den Harnwegen befinden. Stören sie den Abtransport des Urins, hat der Patient extreme kolikartige Schmerzen. Es liegt dann ein Harnsteinleiden vor, der Facharzt für Urologie spricht auch von Urolithiasis.

Im Folgenden finden Sie weitere Informationen sowie ausgewählte Spezialisten für Harnsteine.

ICD-Codes für diese Krankheit: N22

Empfohlene Spezialisten für Harnsteine

Kurzübersicht:

  • Was sind Harnsteine? Steinartige Gebilde, die sich in den Harnwegen befinden und ab einer gewissen Größe den Harnfluss stören und zu starken Schmerzen führen.
  • Ursachen: Harnsteine entstehen bei höheren Konzentrationen von Mineralsalzen im Harn, durch die sich Kristalle und später kleine Steinchen bilden. 
  • Risikofaktoren: Bewegungsmangel, Übergewicht, Diabetes, höheres Lebensalter, das männliche Geschlecht sowie manche Vorerkrankungen begünstigen die Bildung von Harnsteinen.
  • Symptome: Kleine Steine werden mit dem Urin ausgeschieden. Größere Steine können zu Schleimhautreizungen, Blutungen, Organschäden, Schmerzen im Unterbauch und Harnverhalt führen.
  • Diagnose: Eine Urin- und Blutprobe geben Hinweise auf das Vorliegen anderer Erkrankungen. Ultraschall und CT können Steine ab 5 mm Größe sichtbar machen.
  • Behandlung: Ggf. bekommt der Patient Schmerzmedikamente. Manche Steine lassen sich durch Medikamente auflösen. Größere Steine, die den Harnfluss behindern, werden minimal-invasiv entfernt. Mittels Stoßwellentherapie können Steine zertrümmert und danach ausgeschieden werden.
  • Vorbeugung: Urinverdünnung durch ausreichende Trinkmengen beugt der Bildung von Harnsteinen vor. Eine ausgewogene Ernährung ist ebenfalls von großer Bedeutung.

Artikelübersicht

Was sind Harnsteine?

Harnsteine sind kleine, steinartige Gebilde (Konkremente), die aus Mineralsalzen entstehen und die Harnwege verstopfen können.

In Deutschland gehören Harnsteine zu den häufigsten Erkrankungen. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Rate der Harnstein-Diagnosen um das dreifache erhöht. Das liegt an veränderten Ernährungsgewohnheiten und Lebensumständen, aber auch an den verbesserten diagnostischen Möglichkeiten.

Harnsteine tragen je nachdem, wo sie sich befinden, verschiedene Bezeichnungen:

  • Harnblase: Blasensteine (Zystolithiasis). Blasensteine können direkt in der Harnblase entstehen (primäre Blasensteine). Oft bilden sie sich aber in der Niere und werden mit dem Harn in die Harnblase geschwemmt (sekundäre Blasensteine).
  • Nieren: Nierensteine (Nephrolithiasis),
  • Harnleiter: Harnleitersteine (Ureterolithiasis) und
  • Harnröhre (Erkrankung: Urethralithiasis).
Zwei Nierensteine
Zwei Nierensteine. Am rechten Nierenstein lässt sich gut die kristalline Struktur des Steins erkennen © remik44992 | AdobeStock

Die meisten Harnsteine sind sehr klein, sodass der Körper sie über den Urin ausscheiden kann. Viele Patienten bemerken daher gar nicht, dass sie Harnsteine haben bzw. hatten. Erreichen die Harnsteine jedoch eine gewisse Größe, können sie in den Harnwegen steckenbleiben. Dann können sie heftige, krampfartige Schmerzen (Koliken) verursachen. In diesem Fall müssen sie entfernt werden.

Nach Schätzungen ist jeder zehnte Mensch im Laufe seines Lebens von Harnsteinen betroffen. Bei jedem vierten Betroffenen entstehen sie sogar mehrfach.

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Wie entstehen Harnsteine?

Befinden sich im Harn höhere Konzentrationen an bestimmten Mineralsalzen, werden sie bei entsprechend saurem Harn ausgefällt. Das heißt, sie sind dann nicht mehr löslich. So bilden sie kleine Kristalle (Grieß), die sich dann zu größeren Gebilden zusammenlagern. Im Extremfall kann ein Urinstein so groß sein, dass er das gesamte Nierenbecken ausfüllt (Ausgussstein).

Harnsteine unterscheiden sich in Bezug auf ihren Hauptinhaltsstoff.

  • Drei Viertel aller Harnsteine sind Kalziumoxalat-Steine (auch Whewellit bzw. Weddellit genannt).
  • Etwa jeder zehnte Urinstein besteht aus Magnesium-Ammonium-Phosphat. Steine dieses Typs nennt man Struvit.
  • 5% aller Harnsteine enthalten Harnsäure (Uratsteine).
  • Ebenfalls jeder zwanzigste Stein ist ein Kalziumphosphat-Stein.
  • Xanthin- und Zystin-Steine kommen noch seltener vor.

Bekannte Risikofaktoren für die Entstehung von Harnsteinen sind

  • Bewegungsmangel,
  • Übergewicht,
  • Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus),
  • höheres Lebensalter sowie
  • männliches Geschlecht.

Bei älteren Männern kommen Blasensteine häufig zusammen mit der gutartigen Prostatavergrößerung vor. Eine Prostatavergrößerung ist mit einer gestörten Blasenkontraktion verbunden, die den Urinabgang erschwert.

Eine Entzündung der ableitenden Harnwege begünstigt die Entstehung der Steine. Auch bestimmte neurologische Erkrankungen (Querschnittslähmung, multiple Sklerose) sorgen für einen eingeschränkten Urinfluss. Sie verursachen daher ebenfalls oft die Bildung von Harnsteinen.

Struvit-Steine entstehen oft als Folge von Harnwegsinfektionen. Auch eine ungesunde Ernährungsweise mit einem Übermaß an steinbildenden Salzen begünstigt das Auftreten der Steine. Der Körper kann zu große Mengen der chemischen Verbindungen nicht in ausreichendem Umfang über den Urin ausscheiden. Zu diesen steinbildenden Salzen gehören

  • Kalzium,
  • Ammoniumverbindungen,
  • Phosphate,
  • Oxalaten,
  • Harnsäure.

Was sind die Symptome von Harnsteinen?

Ob es zu Symptomen kommt, hängt von der Größe der Urinsteins und dessen genauem Auftreten ab. Blasengrieß und kleine Konkremente bereiten in der Regel keine Probleme.

Schränken Harnsteine jedoch den Harnfluss ein, kommt es zu Beschwerden. Scharfkantige Harnsteine reiben an der Wand des Organs und bewirken

  • Schleimhautreizungen,
  • geringfügige Blutungen und
  • durch Rissbildungen ggf. sogar die Schädigung des betroffenen Organs. Die Narbenbildung verursacht dann weitere Beschwerden.

Kann der Urin nicht mehr abfließen, staut er sich bis zur Niere zurück. Der so entstehende Harnverhalt (Ischurie) bedarf dringender notfallmedizinischer Versorgung, da es sonst zur Blutvergiftung kommen kann. Ungenügend abgeleiteter Harn kann zu dauerhaften Nierenschäden führen.

Beim Wasserlassen kann ein plötzlich auftretender extremer Schmerz im Unterbauch (Kolik) auftreten. Mitunter bricht der Harnstrahl einfach ab. Die Schleimhautreizung führt zu Blut im Urin. Andere Patienten klagen über ständigen Harndrang, können jedoch nur wenige Tropfen Urin lassen (Pollakisurie).

Verursachen die Harnsteine Schmerzen, versucht der Patient, sich durch eine veränderte Körperhaltung Erleichterung zu verschaffen. Er legt sich hin, stellt sich aufrecht hin und läuft herum. Mitunter sind die Beschwerden so stark, dass ihm übel wird und er sich erbricht.

Sollten Sie bei sich derartige Symptome feststellen, suchen Sie bitte schnellstmöglich einen Facharzt für Urologie auf.

Die Harnwege und die Nieren mit Nierenstein
Harnsteine können in allen Bereichen der Harnwege stecken bleiben, auch in den Nieren © Henrie | AdobeStock

Wie werden Harnsteine diagnostiziert?

Bei der ärztlichen Untersuchung hört der Urologe zuerst den Unterbauch des Patienten ab und betastet ihn dann vorsichtig. Hat er den Verdacht, dass ein Harnstein vorhanden ist, nimmt er eine Urin- und eine Blutprobe. Die Urinprobe zeigt, ob im Urin des Patienten Bakterien, Blut oder Kristalle vorkommen. Die Blutprobe gibt Auskunft über den Harnsäuregehalt, die Nierenfunktion und eine mögliche Harnwegsinfektion.

Wichtigste bildgebende Verfahren sind die Ultraschalluntersuchung (Sonographie) und die Computertomographie (CT).

Die Sonografie ist einfach durchzuführen und strahlungsfrei. Auf dem Ultraschallbild lassen sich Harnsteine in der Niere ab einer Größe von mindestens 5 mm nachweisen. Ab dieser Größe bereiten die Steine zunehmend Probleme.

Die Computertomographie wird vor allem zum Nachweis für Steine in den Harnleitern eingesetzt. Mit ihr lassen sich auch ein Harnstau und sehr kleine Steine darstellen, die im Ultraschall nicht sichtbar sind.

Gelegentlich und alternativ zur Computertomographie wird auch eine Röntgenaufnahme ohne Kontrastmittel des Harntrakts durchgeführt. Diese Untersuchung ist allerdings nicht so empfindlich wie ein CT.

Muss eine Harnableitung durchgeführt werden, erfolgt im Vorfeld eine so genannte Ureteropyelografie. Hierbei wird dem Patienten über einen Katheter ein Kontrastmittel verabreicht, mit dem sich Harnleiter und Nierenbecken sehr gut darstellen lassen.

Wie werden Harnsteine behandelt?

Gegen Nierenkoliken helfen verschiedene Medikamente. In der Regel sind das Nicht-Opioide, wobei Metamizol als Mittel der ersten Wahl gilt. Aber auch Indometazin und Dicofenac können die Beschwerden lindern. Schmerzlindernd wirken unter Umständen auch Wärmeanwendungen, wie heiße Bäder.

Harnsteine, die keine Beschwerden verursachen, muss der Urologe nicht behandeln. Er beobachtet sie lediglich in regelmäßigen Abständen. Oft gehen Harnsteine, die maximal 5 mm groß sind, spontan ab. Alternativ kann man auch ausschwemmende Medikamente einsetzen. Harnsäuresteine lassen sich unter Umständen auch durch Medikamente auflösen.

Wichtig ist dabei immer, dass der Patient viel Flüssigkeit zu sich nimmt. Auch viel Bewegung kann helfen, den Urinstein zu lösen.

Eine Harnableitung ist notwendig, wenn die Harnwege so blockiert sind, dass der Harn nicht mehr ausgeschieden werden kann (Harnverhalt). Dabei wird ein dünner Kunststoffschlauch (Harnleiterschiene) an der blockierten Stelle vorbei bis in die Niere vorgeschoben. Darüber kann der Harn dann nach außen abfließen. So wird die Niere geschont und das Risiko einer weiteren Nierenschädigung reduziert.

Solche Harnsteine, die den Harnabfluss blockieren, müssen entfernt werden. Dasselbe gilt für Steine, die trotz Behandlung weiterhin Schmerzen verursachen bzw. nicht von alleine abgehen. In den meisten Fällen erfolgt die chirurgische Entfernung heute minimal-invasiv.

Harnleitersteine und kleinere Nierensteine werden mittels Harnleiter- und Nierenbeckenspiegelung (Ureterorenoskopie) behandelt. Dabei wird ein Endoskop über die Harnröhre, die Harnblase und die Harnleiter bis in das Nierenbecken vorgeschoben. Mit einer Mini-Zange werden die Harnsteine dann entfernt, größere Steine werden zuvor mit einem Laser zerkleinert.

Große Nierensteine bis hin zu Ausgusssteinen werden mittels minimal-invasiver oder offener perkutaner (über die Haut) Steinchirurgie entfernt. Man spricht hier von der so genannten perkutanen Nephrolitholapaxie. Die offene Operation wird heutzutage jedoch nur noch selten angewandt.

Im Rahmen einer Stoßwellen-Therapie (ESWL, extrakorporale Stoßwellen-Lithotripsie) werden von außen Energiewellen auf einen Harnleiter- oder Nierenstein fokussiert. Dieser wird dadurch zertrümmert. Die Bruchstücke werden dann mit dem Harn ausgeschieden.

Allerdings können bei großen Harnsteinen auch größere Trümmerteile entstehen, die wiederum den Harnweg blockieren können. In diesem Fall wären weitere Eingriffe wie eine Ureterorenoskopie oder eine Harnleiterschiene notwendig.

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Entstand der Harnstein im Zusammenhang mit einer anderen Erkrankung, muss der Facharzt auch diese behandeln.

Nach erfolgreichem Abgang des Harnsteins muss der Facharzt seine Entstehungsursache finden. Denn nur so kann er verhindern, dass es in der Folgezeit zur Bildung weiterer Harnsteine kommt.

Kann man Harnsteinen vorbeugen?

Viele Patienten, bei denen ein Harnstein entfernt wurde, bekommen im weiteren Verlauf erneut Harnsteine. Um dem vorzubeugen, sollten Sie mindestens 2,5 bis 3 Liter täglich trinken. Dadurch wird der Urin verdünnt, sodass die Mineralsalze nicht mehr ausgefällt werden und Kristalle bilden können.

Zuckergesüßte Softdrinks bringen ein erhöhtes Steinbildungsrisiko mit sich. Daher sollten Sie auf diese Getränke verzichten.

Achten Sie darüber hinaus auf eine ausgewogene Ernährung. Menschen mit Harnsäure-Steinen dürfen nur wenig purinhaltige Nahrungsmittel zu sich nehmen, da der Körper die Substanz Purin zu Harnsäure abbaut. Einen hohen Gehalt an Purinen haben

  • Fleisch
  • Innereien
  • Wurst

Oxalsäurehaltigen Steinen kann vorgebeugt werden, indem Sie auf den Konsum von

  • Rhabarber
  • Spinat
  • Nüssen
  • Kaffee

verzichten.

Quellen

  • aerzteblatt.de (2017) Urolithiasis: Diagnostik zu oft mit Computertomographen statt Ultraschall. Deutsches Ärzteblatt vom 27. April 2017
  • Deutsche Gesellschaft für Urologie et al. (2015) S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis. awmf-Registernummer 043-025
  • Fisang C et al. (2015) Urolithiasis – interdisziplinäre Herausforderung in Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe. Dtsch Arztebl Int 112(6):83-91. DOI: 10.3238/arztebl.2015.0083
  • Knoll T et al. (2015) Urolithiasis: Worauf zu achten ist. Dtsch Arztebl 112(37). DOI: 10.3238/PersUro.2015.0911.02
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