Durchblutungsstörungen: Infos und Ärzte finden

18.08.2021
Dr. Claus  Puhlmann
Medizinischer Fachautor

Unter Durchblutungsstörungen versteht man eine gestörte Blutversorgung in bestimmten Bereichen des Körpers. Am häufigsten kommt es in den Extremitäten (Armen, Beinen) zu mangelhafter Durchblutung. Doch auch Herz, Darm und Gehirn können betroffen sein. Durch die mangelnde Sauerstoffversorgung ist ihre Funktion eingeschränkt und im schlimmsten Fall können sie absterben. Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Ärzte für Durchblutungsstörungen.

ICD-Codes für diese Krankheit: I73

Empfohlene Spezialisten für Durchblutungsstörungen

Artikelübersicht

Definition von Durchblutungsstörungen

Mediziner unterscheiden zwischen

  • arteriellen und venösen und
  • akuten und chronischen

Durchblutungsstörungen.

Arterien sind Blutgefäße, durch die sauerstoffreiches Blut vom Herzen durch den Körper gepumpt wird. Venen dagegen führen das Blut nach der Abgabe des Sauerstoffs wieder zurück zum Herzen.

Eine arterielle Durchblutungsstörung (auch arterielle Verschlusskrankheit genannt) liegt vor, wenn eine Arterie verengt oder gar verschlossen ist. Betroffen sein können periphere Arterien (zum Beispiel der Beine) oder zentrale, organversorgende Arterien (zum Beispiel Herzkranzgefäße, Nieren- und Darmarterien).

Liegt der Verschluss oder die Verengung in einer Vene, spricht man von einer venösen Durchblutungsstörung - hierzu gehören beispielsweise die tiefe Venenthrombose und das Krampfaderleiden.

Herzinfarkt
Bei einem Herzinfarkt stirbt Muskelgewebse ab, wodurch das Herz nicht mehr korrekt funktioniert © Henrie | AdobeStock

Eine akute Durchblutungsstörung liegt vor, wenn es aufgrund eines plötzlichen Gefäßverschlusses zu Beschwerden kommt. Ein akuter Gefäßverschluss kann je nach betroffenem Organ ein medizinischer Notfall darstellen. Dann sind umgehende, notärztliche Maßnahmen erforderlich. Solche Notfälle sind etwa 

Eine chronische Durchblutungsstörung entwickelt sich in der Regel über einen längeren Zeitraum. In Abhängigkeit von der beeinträchtigten Körperregion können verschiedene Symptomen auftreten.

Ursachen und Risikofaktoren für Durchblutungsstörungen

Ursache für eine akute Durchblutungsstörung ist ein Gefäßverschluss durch einen Thrombus oder einen Emboluus.

Ein Thrombus ist ein Blutgerinnsel in einem Gefäß, also ein kleiner Blutklumpen, der das Gefäß verstopfen kann. Von einem Embolus spricht man, wenn ein solcher Thrombus sich loslöst, weitergeschwemmt wird und an anderer Stelle das Gefäß erneut verstopft.

Ein Gefäßverschluss durch einen Thrombus wird Thrombose, durch einen Embolus Embolie genannt. Ein Blutgerinnsel kann zum Beispiel

  • nach Gefäßverletzungen und Operationen,
  • bei Störungen der Blutgerinnung,
  • bei stark verlangsamter Fließgeschwindigkeit des Blutes oder
  • spontan

entstehen.

Eine chronische Durchblutungsstörung entsteht meist durch Verengungen (Stenosen), seltener auch durch Verschlüsse eines Gefäßes. Zur Gefäßverengung kann es kommen, wenn entweder das Gefäß abgeknickt ist oder durch eine anatomische Struktur von außen eingedrückt wird.

Weitere Ursachen für eine chronische Durchblutungsstörungen:

  • Gefäßentzündungen (Venenentzündungen),
  • Traumen (Verletzungen) oder
  • genetisch-bedingte Gefäßveränderungen

Meistens ist eine Arteriosklerose (umgangssprachlich Arterienverkalkung) für die Ausbildung von Verengungen verantwortlich. Bei der Arteriosklerose sind die Innenwände der Arterien von Cholesterin-Ablagerungen (Plaques) bedeckt. Sie vergrößern sich im Laufe der Jahre und können dadurch den Blutfluss beeinträchtigen. Immer weniger Blut kann dann die Engstelle passieren. Auch Blutgerinnsel können hier hängen bleiben, so dass es zu einem akuten Gefäßverschluss kommt.

Darstellung von Arteriosklerose
Darstellung einer Gefäßverengung infolge von Arteriosklerose © peterschreiber.media | AdobeStock

Bei der chronischen arteriellen Durchblutungsstörung können sich neue Blutgefäße bilden, die die eingeengte Stelle umgehen. Sie übernehmen somit für einen gewissen Zeitraum die Versorgung mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen.

Je nachdem, wo der Gefäßverschluss bzw. die Verengung auftritt, kommt es zu verschiedenen Krankheitsbildern:

Prinzipiell kann jedes Gefäß und somit jedes Organ von einer Gefäßverengung bzw. eines Verschlusses betroffen sein. Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) (umgangssprachlich Schaufensterkrankheit) sind die peripheren Gefäße, meist der Beine, eingeengt oder verschlossen, eine pAVK kann also chronisch oder akut sein.

Risikofaktoren für Arteriosklerose

Zu den wichtigsten Risikofaktoren für Arteriosklerose als Hauptursache einer Durchblutungsstörung gehören:

  • Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit)
  • Rauchen
  • Bluthochdruck
  • Zu hoher Cholesterinspiegel
  • Zuckerkrankheit
  • Fehlernährung (zu viel Fett, Fleisch)
  • Zu wenig körperliche Bewegung
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Höheres Lebensalter
  • Erbliche Veranlagung

Risikofaktoren für die Bildung eines Thrombus

Weitere Risikofaktoren für die Ausbildung eines Thrombus (Embolus) sind zum Beispiel:

  • Blutgerinnungsstörungen
  • Krebserkrankung
  • Herz-Kreislauf-Erkrankung (zum Beispiel Herzinsuffizienz)
  • Übergewicht
  • Bettlägerigkeit
  • Ruhigstellung einer Extremität
  • Operationen und Verletzungen
  • Schwangerschaft und Wochenbett
  • Nephrotisches Syndrom (Nierenerkrankung)
  • Schweres Krampfaderleiden
  • Rauchen
  • Einnahme der Antibabypille
  • Hormonersatztherapie in den Wechseljahren
  • Einnahme bestimmter Medikamente, wie zum Beispiel Krebsmedikamente
  • Höheres Lebensalter (über 60 Jahre)

Ungesunde Ernährung
Süßes und fettiges Essen, insbeondere zuviel davon, stellt einen Risikofaktor für Durchblutungsstörungen dar © happy_lark | AdobeStock

Welche Symptome treten bei einer Durchblutungsstörung auf?

Die Art der Beschwerden hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel:

  • Tritt die Verengung nur an einer Stelle oder mehreren Stellen im Gefäß auf?
  • Wie stark ist das Gefäß eingeengt?
  • Handelt es sich um eine akute oder eine chronische, um eine venöse oder arterielle Durchblutungsstörung?
  • Welches Gefäß bzw. welche Körperregion ist betroffen?

Akuter Verschluss an den Extremitäten

Ein akuter Gefäßverschluss an den Extremitäten verursacht

  • kalte Füße oder Hände,
  • Taubheitsgefühle,
  • Schmerzen und
  • eine weiß marmorierte Haut.

An den beeinträchtigten Stellen ist kein Puls vorhanden. Eventuelle Wunden heilen nicht mehr ab. Sind innere Organe wie der Darm betroffen, kommt es zum Darm-Infarkt mit sehr starken Bauchschmerzen. Im Extremfall kann eine Darmlähmung die Folge sein.

Beim Raynaud-Syndrom, einer ungefährlichen Durchblutungsstörung, sind Zehen und Finger kurzfristig ungenügend durchblutet. Sie färben sich zuerst weiß und dann bläulich, die Durchblutung setzt jedoch nach kurzer Zeit wieder ein.

Raynaud-Syndrom
Raynaud-Syndrom

Leidet der Patient an einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, sind meist die Beine schlecht durchblutet. Da die Muskeln unterversorgt sind, hat er Schmerzen und muss in gewissen Abständen stehenbleiben ("Schaufensterkrankheit"). In einem späteren Stadium der Verschlusskrankheit sind starke Gewebeschäden bis hin zum Raucherbein die Folge.

Weitere Symptome

Ist das Herz von chronischer Durchblutungsstörung betroffen, entwickelt der Patient eine koronare Herzkrankheit (KHK). Sie zeigt sich in Form von mehr oder weniger starken Herzschmerzen und im schlimmsten Fall als Herzinfarkt.

Von Venenentzündungen sind nur die Beine betroffen. Sie werden dick, fühlen sich heiß an und sind druckempfindlich. An den betroffenen Stellen treten Hautrötungen auf.

Die mit Venenentzündungen verbundenen Schmerzen lassen sich durch Hochlagerung der Beine lindern. Im Gegensatz zu arteriellen Durchblutungsstörungen ist bei ihnen der Puls in den Beinen noch spürbar.

Auch chronische Durchblutungsstörungen gehören in die Hände eines erfahrenen Mediziners. Stellen Sie eines oder mehrere der aufgeführten Symptome bei sich fest, sollten Sie baldmöglichst einen Facharzt für Angiologie (Spezialist für Gefäßerkrankungen) aufsuchen.

Diagnose von Durchblutungsstörungen

Nach Beendigung der Voruntersuchungen überprüft der Facharzt seine Verdachtsdiagnose mithilfe verschiedener Methoden.

Die Blutuntersuchung gibt Auskunft darüber, wie hoch die Blutfett- und Blutzuckerspiegel sind und dient der Bestimmung der Gerinnungsfaktoren. So erkennt er, welche Risikofaktoren beim Patienten maßgebend sind.

Ergibt die Messung des Blutdrucks bei beiden Armen oder Beinen unterschiedliche Werte, liegt eine einseitige Verengung der Gefäße vor.

Die körperliche Untersuchung

Über die Bestimmung des Knöchel-Arm-Indexes (ABI, Doppler-Index) können Durchblutungsstörungen im Bein erkannt werden. Um ihn zu ermitteln, teilt man den am Knöchel des Patienten festgestellten Blutdruck-Wert durch den Wert am Oberarm. Werte unter oder gleich 0,92 sind beweisend für eine periphere arterielle Verschlusskrankheit.

Verschiedene weitere körperliche Tests können ebenfalls Hinweise auf Durchblutungsstörungen geben. Dazu gehören zum Beispiel

  • der Allen-Test (Faustschlussübungen),
  • die Lagerungsprobe nach Ratschow (Kreisbewegungen der Füße) oder
  • der Gehtest zur Bestimmung der schmerzfreien Wegstrecke.

Während bei den ersten beiden Tests die Hautverfärbung (Rötung, Abblassen) beurteilt wird, wird beim Gehtest darauf geachtet, ob und wann es zu Schmerzen in den Beinen kommt.

Rückschlüsse auf die Durchblutung des Gewebes sind indirekt mittels transkutaner Sauerstoffpartialdruckmessung möglich. Dabei messen Sensoren auf der Haut den Sauerstoffgehalt im Gewebe.

Bildgebende Diagnostik

Im Bereich der Bildgebung können unterschiedliche Verfahren zum Einsatz kommen. Ein spezielles Ultraschallgerät bestimmt die Strömungsgeschwindigkeit und Richtung des Blutes innerhalb der Arterien (Doppler- und Duplexsonographie).

Mit der computertomographischen Angiographie (CTA) lassen sich sehr gut die Gefäße darstellen, als Alternative oder für spezielle Fragestellungen stehen

  • die strahlungsfreie kernspintomographische Angiographie (MRA),
  • die digitale Subtraktionsangiographie (DSA) und
  • die klassische Angiographie (eine Art Röntgenuntersuchung)

zur Verfügung. Letztere wird häufig auch im Rahmen einer Gefäßchirurgie eingesetzt. Mit diesen Verfahren lassen sich verengte Stellen in den Gefäßen auffinden. Durch die Gabe eines Kontrastmittels können die Gefäße und die Verengungen noch genauer erkannt werden.

Die Angiographie kann Blutgefäße sichtbar darstellen
Die Angiographie kann Blutgefäße sichtbar darstellen © Ploypilin | AdobeStock

Behandlung von Durchblutungsstörungen

Die Behandlung der gestörten Durchblutung erfolgt

  • symptomatisch (entsprechend den auftretenden Beschwerden) oder
  • kausal (entsprechend der jeweiligen Ursache).

Spezialisten für Durchblutungsstörungen sind Angiologen, Phlebologen, Gefäßchirurgen und Kardiologen, wenn es um die Herzkranzgefäße geht.

Krampfadern
Krampfadern sind eine häufige Form der Durchblutungsstörung in den Beinen © zlikovec | AdobeStock

Ein akuter Gefäßverschluss ist häufig ein medizinischer Notfall. Er erfordert einen sofortigen operativen Eingriff, um die Durchgängigkeit des Gefäßes (Revaskularisierung) wiederherzustellen. Auch intensivmedizinische Betreuung ist dann erforderlich. Dasselbe kann mitunter bei chronischen Gefäßerkrankungen der Fall sein.

Ein Blutgerinnsel kann chirurgisch entfernt und so das Gefäß wieder eröffnet werden. Bei der Thrombendarteriektomie werden neben dem Blutgerinnsel auch die arteriosklerotischen Veränderungen der Gefäßwand entfernt (Ausschälplastik). Zur Dehnung eines verengten Gefäßes setzt der Gefäßchirurg Ballonkatheter oder Stents (Hülsen aus Draht), die medikamentenbeschichtet sein können, ein. Mit dem Legen eines Gefäßbypasses, das ist eine Art Gefäßimplantat, wird die verschlossene Stelle des Gefäßes umgangen.

Zum Auflösen eines Thrombus (Lysebehandlung) können verschiedene Substanzen (Fibrinolytika) gespritzt werden, wie

  • Streptokinase,
  • Urokinase und
  • Plasminogenaktivator (rt-PA, Alteplase).

In bestimmten Fällen wird auch Heparin gegeben.

Bei einer sehr schweren Durchblutungsstörung und langandauernden Unterversorgung kommt es zum Absterben des Gewebes. Das macht dann eine Amputation des betroffenen Körperglieds notwendig.

Zur medikamentösen Therapie bzw. zur Vorbeugung von Thrombosen kommen

  • durchblutungsfördernde (Prostaglandine) oder
  • gerinnungshemmende (Thrombozytenaggregationshemmer wie Acetylsalicylsäure, ASS, oder Clopidogrel)

Medikamente zum Einsatz. Hat der Patient Schmerzen, verschreibt ihm der Arzt noch Schmerzmittel oder spritzt (in schweren Fällen) Morphium.

Bei einer chronischen pAVK kann ein spezielles überwachtes Geh- und Gefäßtraining sowie mäßige sportliche Aktivitäten (Schwimmen, Fahrradfahren) helfen. Dadurch kann sich die Sauerstoffversorgung des betroffenen Körperteils verbessern. Warme Armbäder steigern die Durchblutung.

Zur kausalen Therapie und um einer Verschlechterung des Krankheitszustands vorzubeugen, empfiehlt der Arzt dem Kranken, die Risikofaktoren zu beseitigen:

  • Der Blutdruck wird bei Bluthochdruck gesenkt,
  • Raucher machen eine Raucherentwöhnung,
  • Übergewichtige eine kalorienreduzierte Diät,
  • der Diabetiker sollte gut eingestellt sein, die Blutfette bzw. der Cholesterinspiegel überwacht und gegebenenfalls medikamentös korrigiert werden.

Quellen

  • AWMF - Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (2015) S3-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE), AWMF-Register Nr. 003/001
  • Deutsche Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für Gefäßmedizin e.V. (2015) S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, AWMF-Register Nr. 065/003
  • Ludwig M (2019) Facharztwissen Angiologie: Diagnostik und Therapie arterieller, venöser und lymphatischer Erkrankungen. Springer, Heidelberg
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